Prozesse Prozesse: Schwerverbrecher Schmökel will doch aussagen

Neuruppin/dpa. - Schwerverbrecher Frank Schmökel will nun doch im Mordprozess zu den Vorwürfen gegen ihn aussagen. Sein Mandant werde sich demnächst umfassend äußern, erklärte Verteidiger Karsten Beckmann am Montag am Landgericht Neuruppin (Brandenburg). Die Verteidigung hatte bislang angekündigt, dass sich der 40-Jährige zu der Anklage schweigen werde. Die Staatsanwaltschaft wirft Schmökel versuchten dreifachen Totschlag sowie Raubmord vor.
Möglicherweise müssen in der bis 28. November dauernden Verhandlung auch zwei Journalisten und der Sprecher des Potsdamer Innenministeriums als Zeugen aussagen. Die Verteidigung beantragte dies, um die Veröffentlichung von Schmökels Fluchttagebüchern zu verhindern. Das Innenministerium habe die Aufzeichnungen der «Märkischen Allgemeinen Zeitung» per Fax zugespielt. Diese habe sie dann noch der «Bild»-Zeitung verkauft, sagte Rechtsanwalt Beckmann. Die Weitergabe der Schriftstücke zu damaliger Zeit sei eine Straftat.
Schmökel, der sich am ersten Verhandlungstag vor einer Woche mit Sonnenbrille, Vollbart und Kapuzenjacke vermummt hatte und nur wenig sagte, wirkte am zweiten Tag vor Gericht wie verwandelt. Er war glatt rasiert, trug kurze Haare sowie Hemd und Pullover und blickte diesmal interessiert im Gerichtssaal um sich herum. «Nach zwei Jahren in Isolation hatte er sich am ersten Prozesstag physisch und psychisch nicht in der Lage gesehen, vor Gericht zu sprechen», erläuterte Beckmann den Umschwung.
Der Triebtäter hatte seine Mutter und mehrere Pfleger am 25. Oktober 2000 bei einem Ausgang aus dem so genannten Maßregelvollzug mit einem Messer angegriffen und verletzt. Auf der anschließenden 13- tägigen Flucht erschlug der damals meistgesuchte Verbrecher Deutschlands nach eigenem Geständnis einen Rentner.
Ein Sozialarbeiter des Maßregelvollzugs Neuruppin sagte aus, man habe Schmökel nur dann Hausbesuche erlaubt wenn kein Risiko gesehen wurde. Dies sei vor zwei Jahren der Fall gewesen. Ein Hilfspfleger ergänzte, nichts habe darauf hingedeutet, dass Schmökel flüchten wollte. Dieser sei sowohl auf der Fahrt zur mütterlichen Wohnung als auch dort beim Kaffeetrinken sehr freundlich und lustig gewesen.
Die beiden großen und kräftigen Männer waren nach eigener Aussage nicht auf eine Flucht Schmökels vorbereitet. Während die beiden unten rauchten, blieben oben der verantwortliche Pfleger und die Mutter mit Schmökel zurück. Nach drei Minuten hörten die beiden aus der Wohnung Schreie und rannten hinauf. «Es war alles voller Blut», schilderte der Hilfspfleger seine Eindrücke. Auch mit vereinten Kräften sei es ihnen in dem Kampfgetümmel nicht gelungen, den mit einem Messer umherfuchtelnden Schmökel zu überwältigen. Dieser bahnte sich den Aussagen zufolge mit der Waffe einen Weg und lief den beiden Männern davon.
Auch Schmökels Mutter sollte ursprünglich am Montag als Zeugin vernommen werden. Sie erschien jedoch nicht, sondern verweigerte die Aussage. Die Staatsanwaltschaft vertritt die Auffassung, dass Schmökel bei seinen Taten im Herbst 2000 voll schuldfähig war. Wenn sich das bestätigt, drohen ihm eine lebenslange Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung.

