Prozesse Prozesse: Prozess gegen Schmökel eröffnet

Neuruppin/dpa. - Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen hat am Montag in Neuruppin der Prozess gegen den Schwerverbrecher Frank Schmökel begonnen. Der teilnahmslos wirkende Angeklagte nannte nur seine Personalien, zu den Tatvorwürfen wollte er sich nicht äußern. Der 40-Jährige muss sich zwei Jahre nach seiner spektakulären Flucht durch Brandenburg und Sachsen wegen Mordes vor Gericht verantworten.
Der Sexualstraftäter hatte am 25. Oktober 2000 bei einem begleiteten Ausgang zu seiner Mutter in seiner Heimatstadt Strausberg zwei Pfleger niedergestochen und die Frau schwer verletzt. Auf der 13-tägigen Flucht erschlug er nach eigenem Geständnis einen Rentner. Im Mittelpunkt des Prozesses steht die Frage, ob er schuldfähig ist.
Drei Pfleger und zwei vermummte Polizisten führten Schmökel aus einer Zelle im Keller des Landgerichts über einen Geheimgang in den Verhandlungssaal. Der mehrfach verurteilte Triebtäter verbarg sein Gesicht hinter einem dichten Vollbart und einer Sonnenbrille. Er trägt auch während der Verhandlung Fußfesseln und wird von vier Polizisten und vier Justizwachtmeistern bewacht. Nach Angaben der Verteidiger wird er sich während des gesamten Prozesses nicht selbst äußern. Die Verteidigung wolle erreichen, dass Schmökel im Maßregelvollzug bleibt, sagte dessen Anwalt Karsten Beckmann.
Oberstaatsanwalt Hartmut Oeser vertrat dagegen die Auffassung, Schmökel sei bei seinen Taten im Herbst 2000 voll schuldfähig gewesen. Wenn sich das bestätige, drohe ihm eine lebenslange Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung. Die Anklage wirft Schmökel versuchten dreifachen Totschlag sowie Raubmord vor. Oeser betonte: «Die Staatsanwaltschaft ist nicht auf das Geständnis von Herrn Schmökel angewiesen.»
Zu Prozessbeginn verlas die nach Neuruppin gereiste zuständige 3. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) zahlreiche Briefe, die Schmökel vor, während und nach seiner Flucht verfasste. «Ich habe jemanden gesucht, der mir eine gewaltlose Flucht ermöglicht. Nun muss ich es anders versuchen - vielleicht Mord», schrieb der Schwerverbrecher, kurz bevor er entkam.
«Warum bin ich so? Nicht weil ich so sein will», heißt es in einem Brief. «Du hast mich zu dem gemacht, was ich bin. Ich hasse Dich abgrundtief», schrieb der 40-Jährige seiner Mutter ebenfalls unmittelbar vor der Flucht. In anderen, später verfassten Schreiben äußerte er Reue über seine Taten. Die Post von Maßregelvollzugs- Insassen wird - im Gegensatz zu der von Häftlingen im normalen Gefängnis - nur im Ausnahmefall kontrolliert.
Als Nebenklägerin nahmen an der Verhandlung die Witwe und die Tochter des getöteten Rentners teil. Ihr Anwalt Peter-Michael Diestel sagte, seine Mandanten wollten mit ihrer Klage erreichen, dass Verbrechen von bereits bekannten Gewalttätern wie Schmökel künftig nicht mehr möglich seien. Der Angeklagte müsse für immer sicher untergebracht werden.
Schmökel wird von Gutachtern als gefährlich und nicht therapierbar eingestuft. Nach Auffassung eines vom Gericht bestellten Berliner Psychiaters leidet er an einer «dissozialen Persönlichkeitsstörung». Die Frage der Schuldfähigkeit lässt der Experte bislang offen. Bei voller Schuldfähigkeit müsste Schmökel ins Gefängnis, anderenfalls käme er wieder in den Maßregelvollzug.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter erneuerte seine Forderung, den Grundsatz festzuschreiben, dass der Schutz der Bevölkerung vor der Therapie gefährlicher Gewalttäter zu kommen hat. Derzeit sei vielfach das Gegenteil der Fall. An dem Entscheidungsprozess sollte die Kriminalpolizei beteiligt werden.

