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Prozess um Sauerbraten Prozess um Sauerbraten: Gericht wies die Klage der Gastwirtin ab

31.05.2002, 10:07
Antje Tremel, Wirtin des Gasthauses in Mylau
Antje Tremel, Wirtin des Gasthauses in Mylau dpa

Auerbach/dpa. - Ein Gast im Mylauer Schützenhaus hatte damals die Zahlung einesbestellten Sauerbratengerichts verweigert. Er bemängelte die Soße alszu hell, mehlig und nach Schwein schmeckend, das Rotkraut seiverkocht gewesen. Am Braten aus Rindfleisch selbst und den dazuservierten Klößen hatte der Beklagte, ein gelernterRestaurantfachmann, nichts auszusetzen. Trotzdem ließ er das gesamteGericht zurückgehen.

Wirtin Antje Tremel stieß die Kritik des Gastes sauer auf: Siefühlte sich in ihrer Ehre gekränkt und den Ruf ihres Restaurants inGefahr. Auf den Rat der hinzugerufenen Polizei strich sie dasumstrittene Gericht im Wert von 13,80 Mark zunächst von der Rechnung,um die Zahlung später einzuklagen.

Nach dem Richterspruch muss die Gastfrau nun nicht nur auf dieRechnung für den Sauerbraten verzichten, sondern auch noch diegesamten Gerichtskosten tragen. Seit Monaten schmorte der «FallSauerbraten» beim Auerbacher Amtsgericht, zwei Verhandlungen warengeplatzt. Einmal hatte die Klägerin zu wenig Geld für denSachverständigen überwiesen. Ein anderes Mal hatte der Beklagte dieVerhandlung versäumt und war in Abwesenheit zur Zahlung desSauerbratens verurteilt worden. Allerdings legte er Widerspruch ein,das Versäumnisurteil gegen ihn aus dem vergangenen Jahr wurde mit demjetzigen Urteil aufgehoben.

Zur Klärung, ob es sich bei dem Sauerbraten um ein Gerichtmittlerer Art und Güte handelte, konnte auch ein Kochausbilder alsSachverständiger nur wenig Beitragen. Richter Arno Schmelcher fehlteeinfach das «Corpus delicti», jenes beanstandete Mahl vom vorigenAugust. Zwei Zeugen, die von genau dem Teller mit dem reklamiertenGericht probiert haben wollen, machten unterschiedliche Aussagen: EinFreund des Beklagten bestätigte die Mängel, während der Freund derWirtin das Gericht einwandfrei fand.

Bei der Urteilsverkündung am Freitag waren lediglich vierZuschauer - allesamt Journalisten - anwesend, Vertreter derStreitparteien fehlten. Der Sauerbraten-Prozess von Auerbach hatte inden vergangenen Tagen für ähnliche Schlagzeilen gesorgt, wie vorknapp drei Jahren die resolute Auerbacherin Regina Zindler. Siestritt sich mit ihrem Nachbarn wegen dessen Knallerbsenstrauchs, derin ihren Maschendrahtzaun gewachsen war.

Bei sächsischen Juristen gelten die Vogtländer schon länger alsstreitbares Völkchen. Schon ein Zwickauer Landgerichtspräsident vormehr als 80 Jahren hat beim Durchsehen der Gerichtsaktenfestgestellt, dass Leute aus dem Vogtland besonders häufig dieRechtsgelehrten beschäftigen. Dabei stand schon damals der Streitwertoftmals in keinem Verhältnis zu den Gerichtskosten.