Prozess Prozess: Mutter von toter Lara Mia will schweigen

Hamburg/ddp. - Die beidenAngeklagten müssen sich wegen versuchten Totschlags durchUnterlassen, Misshandlung von Schutzbefohlenen, gefährlicherKörperverletzung durch Unterlassen sowie Verletzung der Fürsorge- undErziehungspflicht vor der Jugendkammer des Landgerichts Hamburgverantworten. Die Hauptverhandlung wurde nach Verlesung derAnklageschrift vertagt. Die Angeklagten verweigerten die Aussage.Nach einem Antrag der Verteidigung wurde die Öffentlichkeit vomweiteren Verfahren ausgeschlossen, wie das Gericht am Abendmitteilte.
In der von Staatsanwältin Britta Bösenberg verlesenenAnklageschrift wird der heute 19-jährigen Mutter und ihrem drei Jahreälteren Ex-Freund vorgeworfen, die im Mai 2008 geborene Lara Mia abOktober 2008 nicht mehr ausreichend ernährt zu haben. Obwohl das Kinddeutlich an Gewicht verloren habe und spätestens ab Februar 2009erkennbar lebensbedrohlich unterernährt gewesen sei, hätten dieAngeklagten keine Maßnahmen zur Abwendung der Lebensgefahr ergriffen,hieß es weiter.
Lara Mia war am 11. März 2009 tot von Rettungskräften in einerWohnung im Stadtteil Wilhelmsburg im Beisein der Mutter und ihresEx-Lebensgefährten gefunden worden. Die Obduktion hatte einedeutliche Unterernährung des Mädchens ergeben, das nur noch 4,8Kilogramm wog. Das Normalgewicht eines Kindes in diesem Alter liegtzwischen 7,5 und 10,6 Kilogramm. Die Ursache für den Tod des Kindeskonnte bislang nicht vollständig geklärt werden.
Vor Gericht verweigerten die Angeklagten die Aussage. Der Anwaltdes Stiefvaters, Ulf-Diehl Dreßler, kündigte an, dass sich seinMandant möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt einlassen werde,wenn er sich psychisch dazu in der Lage sehe. Im Moment sei er etwasinstabil. «Er wird von Selbstvorwürfen geplagt», sagte derVerteidiger.
Der Verteidiger von Lara Mias Mutter stellte einen Antrag aufAusschluss der Öffentlichkeit von dem Prozess vor der Jugendkammer.Damit wolle er eine «drohende Bloßstellung» der Angeklagtenvermeiden. Das Gericht gab dem statt und nannte als Begründung, dassdie zu erwartende Kommentierung des Prozessstoffes in den Medien dieweitere Entwicklung der Angeklagten erheblich beeinträchtigen könnte.Urteilsverkündung und -begründung sollen jedoch wieder öffentlicherfolgen.
Der Fall erinnert an den Hungertod von Jessica. Die Siebenjährigewar im März 2005 in der Wohnung ihrer Familie in Hamburg-Jenfeld totaufgefunden worden. Im Gegensatz zu Jessica wurden Lara Mia und ihreMutter von den Behörden betreut, weshalb Lara Mias Tod einen Streitüber die Zuständigkeiten von staatlichen Stellen oder beauftragtenInstitutionen ausgelöst hatte.
Lara Mias Betreuerin, eine Mitarbeiterin der DiakonieeinrichtungRauhes Haus, muss sich demnächst ebenfalls vor Gericht verantworten.Der Sozialarbeiterin wird fahrlässige Körperverletzung durchUnterlassen vorgeworfen. Dreßler kritisierte, dass die beidenProzesse nicht zusammengelegt wurden.
Für das Verfahren gegen die Mutter des Kindes und ihren Ex-Freundhat das Landgericht zunächst neun Fortsetzungstermine bis Mitte Juliangesetzt. Am Dienstag (15. Juni) sollen die ersten Zeugen gehörtwerden.