Prozess Prozess: «Macht über Mädchen wichtiger als Sex mit ihnen»

Neuruppin/dpa. - Der wegen Mordes angeklagte Triebtäter Frank Schmökel hat seine sexuellen Übergriffe auf Kinder mit der Lust an der Macht über seine Opfer begründet. «Ich merkte, dass mich nicht vor allem der Sex zu den Mädchen zog, sondern die Macht über sie», schrieb der mehrfach verurteilte Sexualstraftäter vor fünf Jahren in einem Brief an den Berliner Psychiater Michael Brandt. «Immer so drei bis fünf Tage im Monat verspüre ich ein euphorisches Gefühl, einem Kind Prügel anzutun», heißt es in dem Schreiben, das am Donnerstag am Landgericht Neuruppin verlesen wurde. Der Berliner Therapeut gilt als Vertrauensperson von Schmökel.
Am sechsten Verhandlungstag des Prozesses wegen Raubmordes und versuchten Totschlages äußerte sich der einst meist gesuchte Verbrecher Deutschlands wiederholt selbst ausführlich. Dabei wurde bekannt, dass er schon als Schüler Normen verletzte und seit mehr als 20 Jahren regelmäßig Gesetze brach. Er habe sich aber auch immer wieder für andere eingesetzt und zeitweise sogar sein Leben im Griff gehabt, sagte der 40-jährige.
In klaren Sätzen und mit ruhiger Stimme schilderte der 1,90 Meter große Mann, wie er seit seiner Jugend Geborgenheit, Aufmerksamkeit und ein Lebensziel suchte und stets aufs Neue mit den Gesetzen in Konflikt kam. «Ich habe nie gelernt, den Wecker zu stellen, Geld vernünftig auszugeben und mit Alkohol umzugehen», sagte Schmökel, der von seiner Mutter im Alter von 16 Jahren ins Heim geschickt wurde. «Ich habe auch nicht gewusst, wie man mit Mädchen umgeht.» Schmökel schilderte, wie er als 19-Jähriger ziellos durch die DDR fuhr und dann wegen versuchter Republikflucht verhaftet wurde.
Zwischendurch habe er kurzzeitig Halt gefunden, etwa in einem Antialkoholikerverein und in der Kirche. «Ich habe geglaubt, dass Gott mir weiterhilft - und habe meine sexuellen Sachen in den Griff bekommen», sagte der 40-Jährige. Doch nach dreieinhalb Jahren habe er sich wieder von der Kirche losgesagt und erneut getrunken. Seine erste Sexualstraftat beging er nach eigener Schilderung vor 14 Jahren. Zu den Taten der vergangenen Jahre will sich der Triebtäter erst an einem späteren Prozesstag äußern.
Die Vorsitzende Richterin Jutta Hecht verlas Schmökels Schulzeugnis für die 8. Klasse. Darin wird der in Mecklenburg- Vorpommern geborene Junge als hilfsbereit und intelligent beschrieben. Andererseits heißt es, er verstoße häufig gegen die Normen der Schulordnung. Über ein derart gespaltenes Verhalten hatte bereits ein Pfleger des Maßregelvollzugs Neuruppin vor Gericht berichtet: Schmökel sei Patientensprecher und ein angenehmer Mensch gewesen, aber auch sehr gefährlich.
Der seit fast zehn Jahren im Maßregelvollzug sitzende Angeklagte hatte vor zwei Jahren bei einem Ausgang zu seiner Mutter zwei Pfleger niedergestochen und die Mutter schwer verletzt. Auf der anschließenden Flucht erschlug er einen Rentner. Die Staatsanwaltschaft legt ihm versuchten dreifachen Totschlag sowie Raubmord zur Last. Der Prozess geht am Montag weiter. Weil weitere Zeugen geladen wurden, verschiebt sich die Urteilsverkündung voraussichtlich vom 28. November auf den 6. Dezember.