Prozess Prozess: «Kannibale» zerteilte Opfer bei lebendigem Leib

Kassel/dpa. - Der 42 Jahre alte Angeklagte hatte gestanden, einen BerlinerIngenieur in der Nacht zum 10. März 2001 angeblich mit dessenEinverständnis getötet, zerlegt sowie zum Großteil gegessen zu haben.Während auch am dritten Prozesstag weitere grausame Details bekanntwurden, meldeten Fernsehteams erstes Interesse an der Verfilmung derschockierenden Bluttat an. Wie Verteidiger Harald Ermel sagte, gebees dazu aber ebenso wenig konkrete Pläne, wie zur Veröffentlichungder Memoiren des «Kannibalen» in Buchform.
Der Toxikologe Harald Schütz sagte am Freitag aus, das Opfer habeunter der Wirkung von Alkohol und Medikamenten gestanden. Der 43-Jährige soll zwei Flaschen alkoholhaltigen Erkältungssaft, 20Schlaftabletten und eine halbe Flasche Schnaps zu sich genommenhaben. Diese hätten ihn benebelt und seine Schmerzempfindlichkeiteingeschränkt. Bei einer errechneten Alkoholisierung von maximal 1,6Promille hätte der Berliner enthemmt und verstärkt risikobereitreagieren können, sagte Schütz.
Inwiefern das Opfer in seiner freien Willensentscheidungeingeschränkt war, sagte der Toxikologe nicht. Die Wechselwirkung derMedikamente mit dem Alkohol sei individuell unterschiedlich und lassesich im Nachhinein nicht mehr bestimmen. Nach Meiwes Aussage soll derBerliner den Schnaps erst nach der Verstümmelung getrunken haben.Nachprüfbar ist das nicht mehr. Zum Moment der tödlichen Stiche rundzehn Stunden später sei der Alkohol auf jeden Fall abgebaut gewesen,sagte Schütz. Meiwes hatte vor Gericht ausgesagt, die Medikamente undder Alkohol hätten keine Wirkung gezeigt. Das Opfer habe erst späterwegen des Blutverlustes nach der Entmannung das Bewusstsein verloren.
Selbst bei Erörterung schlimmster Details zeigte Meiwes sich vorGericht am Freitag abermals vollkommen ruhig und emotionslos. DemGerichtsmediziner stellte er selbst Fragen zu Einzelheiten derTötung, wobei er teilweise energisch nachhakte. «Das war nicht, wasich jetzt hören wollte», sagte er auf eine Antwort des Mediziners.Dem sichtlich erstaunten Gericht erklärte Meiwes, zur Berechnung derbei der Tat ausgelaufenen Blutmenge habe er vor zwei Tagen imGefängnis ein Experiment mit einem Kaffeebecher angestellt.
Bei seinen Arbeitskollegen war Meiwes bis zum Bekanntwerden derTat als Mitarbeiter und Kamerad gut angesehen. Dies sagte am Freitagein als Zeuge gehörter Polizeibeamte, der Mitarbeiter an MeiwesArbeitsstelle - einer Kasseler Computerfirma - befragt hatte. Dergeständige «Kannibale» und seine Arbeitskollegen hätten sich auch inprivaten Angelegenheiten geholfen. Mit einem Kollegen sei derAngeklagte regelmäßig in die Sauna gegangen.