Prozess Prozess: Drei Babys getötet
Erfurt/Mannheim/dpa. - «Es ging in diesem Verfahren um drei Menschen, die geborenwurden, um zu sterben», sagte Staatsanwalt Martin Scheler in Erfurt.«Die Angeklagte konnte keine nachvollziehbaren Angaben zur ihrenMotiven machen.» Sie sei «in allen drei Fällen im vollen Umfangschuldfähig». Rechtsanwalt Udo Lüttge sprach von einem «menschlichenDrama». «Sie selbst sucht nach einer Erklärung für das, was auch siefür unfassbar hält.» Die Angeklagte habe Kinder immer geliebt. Diezentrale Frage, warum sie die Babys tötete, habe das Verfahren nichtklären können. «Vielleicht gibt es keine Antwort.»
Die allein stehende Verkäuferin hatte im Prozess nicht sagenkönnen oder wollen, warum sie die Schwangerschaften verheimlichteund dann ein Kind nach dem anderen erwürgte, erstickte oder in derBadewanne ertränkte. «Ich kann es nicht erklären», sagte sie immerwieder. Die Staatsanwaltschaft hielt ihr zu Gute, dass sie die Tatenumfassend gestanden hat. Auch habe sie zwei lebende Töchter (8 und1).
Die Angeklagte habe spontan und in Panik gehandelt, so ihrAnwalt. Freunde und Familie hätten ihr sicher geholfen, aber «siehatte die Kraft nicht, sich zu offenbaren». Der Grund liege in einerPersönlichkeitsstörung, die der psychiatrische Gutachter beschriebenhabe. Sie sei ein sehr ängstlicher Mensch, der Zeit seines Lebensvon der Dominanz der Mutter geprägt gewesen sei, Konflikten aus demWege gehe, sich für minderwertig halte. Ihre Probleme habe sie niejemandem anvertraut. Hinzu komme die psychische Ausnahmesituationeiner Gebärenden. Es bestünden Zweifel an der uneingeschränktenSchuldfähigkeit.
Ihr Schlusswort hielt die Angeklagte weinend nach einer langenPause, während Totenstille im Gerichtssaal herrschte. «Es bleibtnur, dass ich Schuldgefühle habe, die ich nicht beschreiben kann»,sagte die blasse Frau. «Ich habe drei Menschen nicht gegönnt, zuleben», hatte sie im Prozess gesagt. «Diese Schuld kann man nichtsühnen.»
Die Angeklagte vor dem Mannheimer Landgericht schwieg zuProzessbeginn. Ihr wird vorgeworfen, ihren dreijährigen Sohnerdrosselt und ihre wenige Monate alte Tochter erstochen zu haben.Die Staatsanwaltschaft gehe von verminderter Schuldfähigkeit aus,sagte Staatsanwalt Walter Vizethum. Die 26-Jährige ist an derMuskelschwäche Multiple Sklerose erkrankt. Bei der Tat litt siemöglicherweise unter einer akuten Psychose. Nach ihrer Festnahmehatte sie die beiden Taten zugegeben. Die Staatsanwaltschaft wirdvoraussichtlich die Unterbringung in einer psychiatrischen Anstaltbeantragen.