Prominente Prominente: Die ewige «Miss World»
Berlin/MZ. - Ohne Arg hatte sie an einem Morgen im Juni 2001 das Angebot ihrer Tochter angenommen, für einen Moderationstermin einzuspringen, weil es der Mutter nicht gut ging. Seit zwei Jahren war Alexandra Schürmann-Freund selbst beim Bayerischen Rundfunk als Moderatorin tätig. So war die Tochter tragischerweise an Stelle ihrer Mutter zur falschen Zeit am falschen Ort: Ein lebensmüder Geisterfahrer erfasste ihren Wagen auf der A8 frontal.Alexandra Schürmann-Freund war sofort tot.
Das Leben der Mutter teilte sich seitdem in ein glanzvolles „Davor“ und ein düsteres „Danach“: „Ich werde nie mehr die gleiche sein“, sagte sie kurz nach Alexandras Tod, den sie in ihrer Biografie „Und eine Nacht vergeht wie ein Jahr“ zu verarbeiten versuchte. Vergeblich. Aufgrund einer „psychoreaktiven Störung“, die Fachärzte diagnostizieren, verlor Petra Schürmann ihre Sprechfähigkeit, später kamen Lähmungserscheinungen hinzu, die sie erst an den Rollstuhl, dann ans Pflegebett fesselten. Als vor drei Jahren ihr Ehemann Gerhard Freund den Folgen seines Krebsleidens erlag, schien damit aller Lebensmut verloren gegangen zu sein. So glamourös ihre Karriere auch begonnen haben mag, voller Brüche war es auch schon in der Zeit des „Davor“ gewesen: 1935 am katholischen Niederrhein geboren wächst Hildegard „Petra“ Schürmann in Wuppertal auf. Nach dem Abitur studiert die Tochter eines Fabrikdirektors in Bonn Philosophie – was in den 50er Jahren für eine Frau ungewöhnlich mutig war. Als sie während dieser Zeit zur „Miss World“ gekürt wird, bringt der jungen Frau das unter den Kommilitonen ihrer Fakultät entsprechend wenig Anerkennung und im katholischen Elternhaus sogar Ärger ein. Der Priester weist ihr beim Gottesdienst mit den Worten „Man stellt seinen christlichen Leib nicht zur Schau!“ die Kirchentür.
Die neuen Freiheiten – der Aufbruch ins freizügigere München, die Emanzipation von der katholischen Herkunft und vielleicht sogar die Karriere als BR-Ansagerin und Moderatorin – sind auch in den 60er Jahren noch hart erkauft und wohl auch nicht ganz freiwillig erkämpft. Als sie 1967 Tochter Alexandra zur Welt bringt, beginnen die Leute erneut zu tuscheln: Petra Schürmann kann den Kindsvater nicht angeben – der ist nämlich noch verheiratet mit der TV-Kollegin Marianne Koch. Erst sechs Jahre später, nach einer von der Boulevardpresse eifrig kommentierten Scheidung, kann sich der Arzt und zweifache Familienvater Gerhard Freund 1973 zu seiner heimlichen Geliebten Petra Schürmann und Tochter Alexandra bekennen.
Für die Generation der Feministinnen, die in den siebziger Jahren den Ton angeben, blieb Petra Schürmann immer die Schönheitskönigin aus den muffigen 50er Jahren. Für die Zuschauer ist sie lange die hübsche Ansagerin, die mal „Miss World“ war. Bei ARD und ZDF moderierte sie bis zur Jahrtausendwende rund 600 Sendungen wie das „Das Verkehrsgericht tagt“, die Gala „Telestar“ und die WDR-Reihe „MM Montags-Markt“. Der Bayerische Rundfunk wird für sie zunehmen zur beruflichen Heimat.
Der Kampf gegen das schwarze Loch der Trauer nahm zunehmend Besitz auch von der Ehe. Während Petra Schürmann mit öffentlichen Auftritten und Interviews gegen die Einsamkeit ankämpfte, zog sich Gerhard Freund immer mehr zurück. In ihrem letzten Interview mit der Bunten kommentierte Petra Schürmann dies mit den Worten: „Gerhard ist lebendig tot“.
Sie habe oft an Freitod gedacht, erklärte Petra Schürmann, die auch nach ihrer Sprachstörung noch per Fax oder SMS Interviewanfragen der Presse beantwortete, ganz offen. Aber der Gedanke, dass sie dann nicht in den gleichen Himmel wie ihr „Püppchen“ Alexandra käme, hielt sie davon ab. Die Katholikin glaubte fest an das Fegefeuer, das sie als Selbstmörderin erwarten würde. So wartete sie geduldig auf ihre Abrufung. Nun haben sich die beiden wieder.