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Polen Polen: Im Rekordsommer werden die Rettungsschwimmer knapp

Von Eva Krafczyk 31.07.2006, 10:47
Die polnische Rettungsschwimmerin Kasia Stefaniak und ihr deutscher Kollege Tobias Nadoll stehen vor der Seebrücke in Ahlbeck am Strand (Archivfoto vom 04.07.2005). (Foto: dpa)
Die polnische Rettungsschwimmerin Kasia Stefaniak und ihr deutscher Kollege Tobias Nadoll stehen vor der Seebrücke in Ahlbeck am Strand (Archivfoto vom 04.07.2005). (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Warschau/Danzig/dpa. - Dochohne einen Rettungsschwimmer als Aufpasser darf auch bei mehr als 30Grad im Schatten kein Kind ins Wasser - und Rettungsschwimmer sindknapp in diesem Rekordsommer.

Schon vor Wochen schlugen Bäderaufsicht und Rettungswesen Alarm:An vielen Seen und Stränden fehlten Bademeister undRettungsschwimmer. Mangel an qualifizierten Kräften gibt eseigentlich nicht, doch in diesem Jahr folgten viele dem Lockruf desGeldes und des harten Euro. In der Fachzeitschrift «Praca za granica»(Arbeit im Ausland) wurde erst in der jüngsten Ausgabe auf fürpolnische Verhältnisse gut bezahlte Job an irischen Badesträndenhingewiesen. Viele Rettungsschwimmer sind jedoch schon seit Beginnder Saison weg.

Allein im nordpolnischen Pommern kehrten mehr als 100Rettungsschwimmer der heimischen Küste den Rücken, berichtetenpolnische Medien. Die Zahl der Bewerbungen für einen Saisonjob gingum ein Drittel zurück. «Aber es gab viele erfahreneRettungsschwimmer, die anriefen und ein Empfehlungsschreiben fürArbeit im Ausland wollten», ist aus der Zentrale des Rettungswesensin Danzig (Gdansk) zu hören.

«Ich arbeite seit 1969 als Rettungsschwimmer, aber was jetztpassiert, ist ein Albtraum», sagte Andrzej Bonderowicz aus demwestpommerschen Dziwnow der Zeitung «Dziennik». Zusammen mit seinenbeiden Söhnen und seinem Neffen ist er im Dauereinsatz, um fürSicherheit in einem Ferienlager für 350 Kinder zu sorgen. Ohne dengeballten Einsatz der ganzen Familie müssten auch in Dziwnow traurigeKinder am Strand auf das Wasser blicken.

Doch völlig verdenken kann Bonderowicz den Kollegen die Flucht insAusland nicht. Für ihren Einsatz erhalten die Rettungsschwimmer inPolen vier Zloty (etwa einen Euro) Stundenlohn, in Großbritanniendagegen etwa sieben Pfund (mehr als zehn Euro). Glücklich schätztsich, wer einen Baywatch-Job in den USA findet. Einige Jugendcampszahlen den polnischen Strandwächtern sogar den Flug.

Michal Szadokierski, der schon seit acht Sommern in Deutschlandarbeitet, sieht nicht nur auf das Geld. Auch die Arbeitsbedingungenseien ungleich besser als in Polen, wo die Rettungsschwimmer meistnicht einmal Schutz vor Sonne oder Regen haben. Aufsichtstürme, indeutschen Strandbädern Alltag, seien in Polen meist Fehlanzeige. «Undfür den Ernstfall haben wir medizinische Ausrüstung undWiederbelebungsgeräte zur Hand», sagte Szadokierski in einemZeitungsinterview. «Von so etwas können wir in Polen nur träumen.»