Plastikpolizist Plastikpolizist: «Radarwalter» lässt Autofahrer bremsen

Stuttgart/Hettingen/dpa. - Beim Vorbeifahren sieht er durchaus wie ein echter Schutzmann aus:1,85 Meter groß, weiß-grüne Mütze, schwarze Jacke und braune Hose.Die ernst blickende Figur gehört dem Stuttgarter Theater- undFilmschauspieler Bernd Gnann. Dieser wohnt im Stuttgarter Norden aneiner Schnellstraße und hatte die Attrappe aus Angst um seine beiden Kinder aufgestellt.
Zu häufig seien Fahrzeuge am Haus der Familie vorbeigerast, sagtGnann, der in mehreren «Tatort»-Folgen mit Kommissar Bienzlemitgespielt hat. Seine Frau habe im Internet das sächsischeUnternehmen «Walter Werbe- und Dekorationsfiguren» gefunden. Dortbestellte Gnann den Polizisten mit den braunen Haaren und derRadarpistole in den Händen - und der Spitzname «Radarwalter» wargeboren. «In Österreich und Belgien werden ähnliche Figuren sehrerfolgreich eingesetzt», erzählt der 34-Jährige. Auch der seinesWissens erste deutsche Einsatz blieb nicht lange unbemerkt: «30Minuten, nachdem wir Walter aufgestellt hatten, standen die erstenPolizisten vor unserer Haustür und wollten, dass ich ihn entferne.»
Es begann ein wochenlanges Tauziehen: Die Polizei und derzuständige Ordnungsbürgermeister wendeten ein, dass eine Privatpersonnichts im öffentlichen Raum aufstellen dürfe. Außerdem würden dieAutofahrer durch Walter erschreckt, müssten plötzlich abbremsen undwürden so die nachfolgenden Fahrzeuge gefährden. An Unfällen hätteGnann eine Teilschuld. Walter musste schließlich im Februar abgebautwerden, immerhin gebe es jetzt öfter echte Radarkontrollen.
Durch den Streit war Walter inzwischen ein kleiner Star. «Es gabBerichte im Radio und Fernsehen, mit einer so großen Resonanz hätteich nie gerechnet», sagt sein Inhaber. Über einen Zeitungsartikelwurde dann auch Walters neuer Arbeitgeber auf ihn aufmerksam. StefanBubeck ist Bürgermeister von Hettingen. Er versetzte Walter an zweider verkehrsreichsten Straßen im Kreis Sigmaringen (Baden-Württemberg). Der 37-jährige Bubeck zieht nach vier Wochen einepositive Bilanz: «Der Plastikpolizist erfüllt eindeutig seinen Zweck.Die Fahrzeuge werden langsamer - und das ohne den nachfolgendenVerkehr zu bedrohen.»
Walters Einsatz erregt aber auch in Hettingen die Gemüter. Dabeigeht es um sein Aussehen: «Wir überprüfen, ob Amtsanmaßung bei einerhoheitlichen Messung vorliegt», erklärt Bubeck eine Diskussionzwischen Landratsamt, Polizeidirektion und Stadt. Allerdings trageder Schutzmann keine äußeren Zeichen wie Dienstmarke oder Polizei-Schriftzug auf der angedeuteten Uniform.
Die nächsten Reviere für den genügsamen Verkehrspolizisten stehenschon fest. «Zuerst geht er nach Mingen in der Nähe von Sigmaringen,dann nach Waiblingen», erzählt Gnann. Den Namen des Plastikkameradenwerden die neuen Dienstherren übernehmen müssen: Der Schauspieler hatsich «Radarwalter» als Marke eintragen lassen.