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Vulkanausbruch Sorge um Supervulkan in Italien: Bereitet Luftwaffe einen Umzug vor?

Die Erdkruste über den Phlegräischen Feldern in Italien wird immer schwächer. Ein Ausbruch von Europas größten aktiven Supervulkan hätte verheerende Folgen - nicht nur für die unmittelbare Umgebung. Ein Plan der Luftwaffe sorgt nun für Diskussionen.

Von DUR/dpa Aktualisiert: 17.12.2024, 15:53
Die Sorge vor einem bevorstehenden Ausbruch des Supervulkans in Italien ist groß. In der Region um die Phlegräischen Felder bei Neapel ist auch eine Akademie der italienischen Luftwaffe. Diese soll nun umziehen. 
Die Sorge vor einem bevorstehenden Ausbruch des Supervulkans in Italien ist groß. In der Region um die Phlegräischen Felder bei Neapel ist auch eine Akademie der italienischen Luftwaffe. Diese soll nun umziehen.  Foto: dpa

Rom/Neapel - Auf den ersten Blick sehen sie unscheinbar aus. Die Phlegräischen Felder, ein Gebiet in Süditalien mit hoher vulkanischer Aktivität, sind vergleichsweise flach und wirken kaum bedrohlich. Doch unter der Erdoberfläche am Golf von Neapel schlummert ein riesiger Vulkan - ein Supervulkan sogar.

Italien ist bekannt für seine Vulkane. Die bekanntesten - Ätna auf Sizilien und der Vesuv unweit von Neapel - halten das Mittelmeerland bereits auf Trab. Doch Forscher sorgen sich auch um die Phlegräischen Felder (Italienisch: Campi Flegrei) und das Magma in der Tiefe. Denn die Erdkruste über dem Vulkanriesen wird immer schwächer.

Militär: Bericht über Umzugspläne der Luftwaffenakademie

Mitten im Zentrum des Supervulkans liegt die Stadt Pozzuoli. Dort liegt auf einem Hügel auch eine Akademie der italienischen Luftwaffe. Offiziersanwärter werden dort zu Piloten, Ingenieuren und Stabsärzten ausgebildet.

Bislang galt der Standort der Luftwaffe für die rund eine halbe Million Einwohner der Stadt als Zeichen von Sicherheit. Doch ein kürzlich veröffentlichter Bericht sorgt nun für Aufregung in Süditalien. Die Zeitung "Corriere del Mezzogiorno" schreibt, dass es Pläne gebe, die Akademie der Luftwaffe abzuziehen.

Erdbeben in Italien: Instabilität verschärft sich

Berichten zufolge wurde vom Verteidigungsministerium eine Studie in Auftrag gegeben, die nach Grundstücken in Bergamo und Brescia in der Lombardei in Norditalien sucht. Militär- und Zivilflughäfen sind in dieser Region bereits vorhanden.

Der Grund für den Umzug: Das Gelände rund um die Luftwaffenakademie ist sehr instabil. Das liege am sogenannten "bradyseismischen Phänomen", so die italienische Zeitung. Gemeint sind Hebungen und Senkungen der Erde des Vulkans, die von Beben begleitet werden.

Lesen Sie auch: Phlegräische Felder: Können Bohrungen am Supervulkan einen Ausbruch verhindern?

Berichtet wird von einer "Neuorganisation, um den Studenten der Kurse, die oft von außerhalb der Region anreisen und im Raum der Phlegräischen Felder eine Unterkunft suchen, Gelassenheit zu geben". 

Zuletzt meldete sich der Supervulkan mit einer Bebenserie am 6. Dezember 2024. Die zahlreichen seismischen Erschütterungen stellten die Nerven der Studierenden auf die Probe.

Die Stadt Pozzuoli liegt auf dem Supervulkan Campi Flegrei, wo Experten nach einer Serie von Erdbeben Schlimmeres befürchten.
Die Stadt Pozzuoli liegt auf dem Supervulkan Campi Flegrei, wo Experten nach einer Serie von Erdbeben Schlimmeres befürchten.
Foto: Christoph Sator/dpa

Verteidigungsminister und Bürgermeister äußern sich zu Plänen

Die Akademie der Luftwaffe hat ihren Standort auf dem Monte Olibano. Dieser Berg entstand etwa vor 2080 bis 4100 Jahren bei Ausbrüchen als sogenannter Lavadom. Er liegt an der südöstlichen Seite des Solfatarakraters.

Forscher hatten dort zuletzt "eine geodätische Anomalie identifiziert". Gemeint ist ein "kugelförmiger Bereich, der im Vergleich zu allem anderen, was im Supervulkan ansteigt, absinkt", schreibt die "Frankfurter Rundschau".

Eine weitere Studie bestätigte, dass die Lava unter dem Supervulkan um knapp drei Kilometer in Richtung der Oberfläche angestiegen ist. Die Sorge um die Akademie, die laut "Geopop", einem italienischen Wissenschaftskanal, eines der fortschrittlichsten und berühmtesten Verteidigungszentren für die Ausbildung ist, ist daher groß.

Luigi Manzoni, Bürgermeister von Pozzuoli, und auch Italiens Verteidigungsminister Guido Crosetto dementierten jetzt die Umzugspläne der Luftwaffe. Es gebe diesbezüglich keine konkreten Pläne. Die Bevölkerung scheinen diese Statements jedoch nicht zu beruhigen. Auf den sozialen Netzwerken wird weiter über Evakuierungen und die drohende Gefahr eines Ausbruchs diskutiert.

Anzeichen des Ausbruchs häufen sich

Die Sorge um den Vulkan ist nicht neu: Spätestens seit einer Studie von Forschern des University College London (UCL) und des italienischen Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie (INGV) stehen die „brennenden Felder“ und die möglichen Auswirkungen eines Ausbruchs des Supervulkans im Fokus. Denn den Ergebnissen der Vulkanologen zufolge wird die Erdoberfläche der Felder schwächer und anfälliger für Risse.

Auch interessant: Erdbeben in Neapel: Häuser und Gefängnis evakuiert

Supervulkane zeichnen sich durch eine besonders große Magmakammer aus. Anders als normale Vulkane, brechen sie nicht nur aus, sondern explodieren regelrecht. Statt eines Vulkankegels, also Berges, hinterlassen sie nach einem Ausbruch einen riesigen Krater. Dieser wird als Caldera bezeichnet.

ARCHIV - Vulkane, die nach langer Ruhe wieder erwachen, müssen eine dicke Kruste aufbrechen - genau das passiert zurzeit unter den Phlegräischen Feldern. 
ARCHIV - Vulkane, die nach langer Ruhe wieder erwachen, müssen eine dicke Kruste aufbrechen - genau das passiert zurzeit unter den Phlegräischen Feldern. 
Foto: Lena Klimkeit/dpa

Die Caldera der Phlegräischen Felder durchläuft den Forschern zufolge zurzeit den Übergang von einer „elastischen“ zu einer „unelastischen“ Phase. Die Fachleute haben in der Tiefe Bewegungen ermittelt, die auf aufsteigendes Gas hindeuten. Dies äußert sich in Hebungen und Senkungen, die zu Brüchen in der Kruste führen können.

Vulkane, die nach langer Ruhe wieder erwachen, müssen die in den Jahren der Ruhe gewachsene dicke Kruste zunächst aufbrechen, um das Magma ausstoßen zu können. Einem solchen Bruch gehen eben dieses wiederholte Heben und Senken sowie vulkanische Beben voraus. Genau das passiert den Forschern zufolge zurzeit unter den Phlegräischen Feldern. Ein solcher Bruch würde zur Eruption führen.

Schon jetzt sind aus der Luft die zahlreichen Explosionskrater zu sehen. Fumarole, also vulkanische Dampfaustrittsstelle, sowie Thermalquellen lassen darauf schließen, dass es unter der Erde rumort.

Vulkanausbruch könnte verherrend sein

Die Sorge vor einem Ausbruch ist deshalb groß, da die Auswirkungen verheerend sein könnten - und das nicht nur für die unmittelbare Umgebung. Bei einem Ausbruch vor rund 40.000 Jahren wurde etwa eine enorme Menge an Asche in die Atmosphäre geschleudert, die das Klima nicht nur regional, sondern auch weltweit massiv beeinflusste. Dann erneut vor 15.000 Jahren. Der letzte Ausbruch ereignete sich 1538.

Seit 70 Jahren rumort es nun wieder unter der Erde. Zehntausende kleine Erdbeben erschütterten in dieser Zeit das Gebiet. Allein im Mai diesen Jahres gab es INGV-Daten zufolge 661 Erdbeben. Wenn auch schwach, 633 davon mit einer Stärke von unter 1,0, tragen sie zur Instabilität bei. Seit nun elf Jahren gilt für das Gebiet die vom Zivilschutz ausgerufene Alarmstufe gelb, die zur Vorsicht aufruft.

Trotz der Sorge vor einem Ausbruch ist es jedoch auch möglich, dass sich die Aktivitäten der Phlegräischen Felder wieder einpegeln - oder gar völlig zur Ruhe kommen. Oder aber es kommt zu einer „abgebrochenen Eruption“.