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Pasteten Pasteten: Rebhuhn im Teigmantel

Von Monika Hillemacher 05.04.2013, 17:37
Beim Pasteten-Mantel ist das Loch in der Mitte wichtig.
Beim Pasteten-Mantel ist das Loch in der Mitte wichtig. dpa Lizenz

Spanische Empanadas, asiatische Dim Sums, russische Piroggen und englische Pies haben eines gemeinsam: Sie gehören zur Verwandtschaft der Pasteten. Und die sind im Prinzip nichts anderes als eine von Teig umhüllte Füllung von Fleisch, Fisch oder Obst. Sie werden mal als Hausmannskost, mal delikat serviert. Und sie sind international.

Ihren Ursprung haben Pasteten wahrscheinlich in der antiken Küche. Ab dem Mittelalter versorgten Pastetenbäcker Adel, Klerus und Bürger mit den Leckereien, die meist einfach aus der Hand gegessen wurden. Damals gehörten Verkaufsbuden zum Straßenbild wie in modernen Zeiten Hamburger-Bratereien und Döner-Läden. Adlige Haushalte stellten kunstvoll verzierte Pastetengebilde auf den Tisch - der Wandel vom mittelalterlichen Fast Food zur klassisch kalt servierten Delikatesse begann.

Edle Resteverwertung

Dieses Essen stellt eine edle Restverwertung dar. „Pasteten sind eine überlieferte Form des Haltbarmachens aus einer Zeit, in der es noch keine Gefriertruhen gab“, sagt Mechthild Mersmann, Vorsitzende der Landfrauen im münsterländischen Oelde-Lette. Das Backen im heißen Ofen, Teigmantel, Gelee und ein Schuss Alkohol schützten die übriggebliebenen Lebensmittel vor dem Verderb und kaschierten gleichzeitig unangenehme Gerüche und Geschmäcker.

Die Kunst liegt in der Herstellung der Farce. „Die Pastetenwelt lebt davon, dass alles andere reinkommt als die üblichen Sachen“, sagt Mario Furanello von der Kochschule Menufaktur in Frankfurt am Main. Reh, Kaninchen, Wildschwein, Ente, Rebhuhn, Lamm, Rind, Innereien gehören zu den bevorzugten deftigen Füllungen und weisen zurück auf die bodenständigen Wurzeln der Speise.

Mindestens drei Tage, besser eine Woche, veranschlagt Furanello für die Verarbeitung. Am ersten Tag wird das Fleisch mariniert, am zweiten Tag durch den Wolf gedreht und die Pastete gebacken sowie der Hohlraum unter dem Deckel mit Gelee gefüllt. Den dritten Tag bleibt sie zum Durchziehen liegen. Je länger die Pastete ruht, desto besser bildet sich das Aroma aus. Der Koch würzt Farce und Gelee großzügig, vor allem mit Salz. „In kaltem Zustand bleibt nur noch ein Bruchteil der Würze übrig“, erklärt er und rät, zur Geschmacksprüfung eine kleine Menge kalt zu verkosten. Neben Salz setzt er zur Farce Passendes ein: Nelke und Wacholder zu Wild, Majoran, Salbei und Rosmarin zu Fleisch, Fenchel zu Fisch, Kardamom und Curry für eine asiatische Note. Ein Stück Leber gibt Wild zusätzlich Pfiff. In eine Kaninchenpastete kommen auch Gehacktes, Morcheln, Schalotten und Cayennepfeffer.

Ein Mürbeteig aus Mehl, viel Fett, einer Prise Salz und etwas Wasser bildet den Mantel. Furanello verwendet anstelle von Butter bevorzugt Fett, das mit der Füllung harmoniert, zum Beispiel Gänse- oder Schweinschmalz. Die Pastetenform wird mit dem ausgerollten Teig ausgekleidet, anschließend kommt die Füllung hinein und ein Teigdeckel darauf. In dessen Mitte wird ein Loch ausgestochen, der Kamin. So kann beim Backen Dampf entweichen, ohne dass der fragile Deckel einstürzt. Ein Alu-Röhrchen stützt die Konstruktion und hilft später, das Gelee einzufüllen. Das Loch wird mit aus Teig modellierten Verzierungen zum Hingucker auf dem Büfett. Der Handel bietet zwar spezielle Pastetenformen an, aber gewöhnliche Spring- und Kastenformen tun es auch.

Pies von süß bis herzhaft

Die englische Küche ist bekannt für ihre Vielfalt an Pasteten und Pies. „Pie beschreibt alles, was in Teig eingeschlossen wird“, sagt der britische Kochbuchautor Francis Ray Hoff. Die Bandbreite reicht von süßer Apple Pie bis zu rustikalen Steak-and-Kidney-Pie und Shepherd’s Pie. Klassisch wird Letztere unter anderem aus Lamm- und Rindfleisch, Wirsing, eingeweichtem Weißbrot, Ei und Kartoffelpüree gefertigt. Die Masse wird in eine Auflaufform geschichtet und gebacken. Das Rezept, so Hoff, funktioniere auch mit Reh oder Hirsch.

Bei Steak-and-Kidney trifft gewürfeltes Rumpsteak auf Lammnieren, Begleiter sind Portwein, Zwiebeln und Brühe. In der feineren Version Steak-and-Oyster ersetzen Austern die Nieren. „Pies werden warm gegessen“, so Hoff. „Und am besten aus der Hand.“ Die Kost kann aber auch als Hauptgericht gereicht werden. Apple oder Blackberry Pie, verfeinert mit Mango und gekrönt von Double Cream, sind beliebte Desserts. Pasteten legen die Briten auf Brot und Toast, reichen dazu Preiselbeeren oder Lady-Curzon-Soße und kleine Gurken, erläutert Hoff. Grundsätzlich wird von der Pastete immer eine dicke Scheibe abgeschnitten.

Mehrere Tage Zubereitungszeit sollte man für die Wildschweinpastete einplanen.
Mehrere Tage Zubereitungszeit sollte man für die Wildschweinpastete einplanen.
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