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Pascal-Prozess Pascal-Prozess: Mutter hat keine Spuren von Missbrauch festgestellt

Von Ulf Mauder 18.10.2004, 11:47

Saarbrücken/dpa. - Mehr als drei Jahre nach dem gewaltsamen Todihres kleinen Sohnes hat Pascals Mutter am Montag im SaarbrückerLandgericht wohl einen ihrer schwersten Tage hinter sich gebracht.«Pascal war ein fröhliches und normales Kind», sagt sie mitstockender Stimme. Im Saal des Schwurgerichts ist es still, ohnesichtbare Regungen spricht sie über ihren fünfjährigen Sohn, dersexuell missbraucht und getötet worden sein soll. Einige Zuschauerfragen sich später, wie diese Frau so scheinbar emotionslos überihren Sohn reden kann.

Prozessbeobachtern ist diese Stimmung allzu vertraut, erinnertdoch die Redeweise der Mutter an Aussagen von zwei angeklagtenFrauen. Die als geistig zurückgeblieben eingestuften Beschuldigtenhatten ebenfalls meist kühl von Vergewaltigungen Pascals und seinerTötung berichtet. Vor Gericht erscheint Pascals Mutter, eine fülligeFrau mit Brille und grauem Haar, im Angesicht der Angeklagten, dieihren Sohn in der «Tosa-Klause» mehrfach missbraucht und schließlichdabei getötet haben sollen, weitgehend gefasst.

Einzelne Worte, selten ganze Sätze bringt sie hervor und auch dienur auf gezielte Nachfrage von Richter, Staatsanwalt undVerteidigern. Ja, sie habe den fünfjährigen Pascal nackt gesehen beimDuschen. Ja, sie habe ihm beim Waschen geholfen. Nein, sie habe dabeinichts Auffälliges entdeckt. Sie hat eine Betreuerin derOpferschutzorganisation «Weißer Ring» mitgebracht.

Auf eine gezielte Frage antwortet sie, dass Pascal von ihremLebensgefährten mehrfach in die Bierkneipe mitgenommen worden sei.Doch von Missbrauch wisse sie nichts. Außergewöhnlich war nach ihrenSchilderungen nur, dass der Junge immer wieder nachts einnässte. Zufremden Erwachsenen habe Pascal zudem immer Distanz gehalten. Unddoch: «Er hätte mir gesagt, wenn er negative Erfahrungen mitErwachsenen gemacht hätte», sagt die 45-Jährige.

Die als Küchenhilfe beschäftigte Frau berichtet, dass ihr Sohn amTag seines Verschwindens noch mit anderen Kindergartenkindern zumGottesdienst gegangen sei. Pascal habe - bevor er am 30. September2001 verschwand - noch zu Mittag gegessen mit der Mutter und ihremLebensgefährten und dann Spielkameraden besucht. Am Abend sei derJunge dann nicht zur vereinbarten Zeit nach Hause gekommen. Siebestätigt, dass ihr Lebensgefährte am Abend schnell mit der Suchenach Pascal begonnen habe.

Der 49-Jährige, gegen den die Staatsanwaltschaft noch wegenBeihilfe zu sexuellen Kindesmissbrauch ermittelt, schweigt vorGericht zu seinen Besuchen in der «Tosa-Klause». Oft sei ihr Freundso betrunken gewesen, dass sie ihn abholen musste, hatte dieLebensgefährtin ausgesagt. Weil er die Zeche nicht zahlen konnte,habe ihn Kneipenwirtin Christa W. schließlich ausgesperrt.

Die Wirtin und 51 Jahre alte Hauptangeklagte in dem Prozess gegenden mutmaßlichen Kinderschänderring verfolgt die Schilderungen vonPascals Eltern mit regem Interesse, tuschelt nebenbei immer wiedermit ihrem Verteidiger Walter Teusch. Sie selbst will sich aber nichtvor Gericht äußern - wie weitere 9 der 13 Angeklagten.

Neben den schleppenden Aussagen belastet auch die gespannteAtmosphäre zwischen Richter Ulrich Chudoba und einigen derVerteidiger den Prozessverlauf. Immer wieder liefert sich TeuschWortgefechte mit dem «Hohen Gericht». Chudoba kritisiert immer wiederdie Art von Teuschs Befragung bei Zeugen und Angeklagten. Der Anwaltwiederum kritisiert «die Rechtsauffassung des Vorsitzenden Richters,der zu viele Fragen für unzulässig erklärt».

Insbesondere die zahlreichen Widersprüche aller Prozessbeteiligtenzwischen den polizeilichen Vernehmungen und ihren Angaben vor Gerichtnimmt Teusch immer wieder aufs Korn. Prozessbeobachter wähnen, dassauf diese Weise die Glaubwürdigkeit der belastenden Aussagenerschüttert werden soll in einem Indizienprozess, bei dem konkreteBeweise und auch die Leiche des mutmaßlichen Mordopfers fehlen.