Ostsee Ostsee: Invasion der Marienkäfer

Greifswald/Rostock/dpa. - In Rostock-Warnemünde verschonen die als Glücksbringerbeliebten Tiere selbst Strandkörbe nicht. Der Stralsunder PeterKoslik beschreibt einen Biss in den Nacken wie einen «kleinenNadelstich».
«Ursache für das massenweise Auftreten der Marienkäfer war dashervorragende Nahrungsangebot für die Larven in diesem Jahr», erklärtder Greifswalder Zoologie-Professor Jan-Peter Hildebrandt. Einesolche regionale Massenvermehrung sei alle paar Jahre regelmäßig zubeobachten. «Das hat nichts mit dem Klimawandel zu tun.»
Von der Marienkäfer-Invasion und den Schwebfliegen, die in diesemJahr ebenfalls in Heerscharen auftreten, sind vor allem die Küstenbetroffen. Inzwischen hat das Rostocker Landesamt für Gesundheit undSoziales auf die Insektenmassen reagiert und Verhaltenstippsherausgegeben: Bei der Kleidung solle auf knallige Farben verzichtetwerden, in den Wohnungen helfen Fliegengaze vor den Fenstern.Schwebfliegen und Marienkäfer seien zwar lästig, aus gesundheitlicherSicht jedoch völlig ungefährlich.
Ein ähnliches Phänomen war bereits in den 80er Jahren zubeobachten, als Kolonnen von Marienkäfern die Ostseeküste belagerten.Eine Massenvermehrung trete immer dann auf, wenn dieReproduktionsbedingungen besonders gut seien, erläutert der Zoologe.Die milden Temperaturen, gepaart mit der feuchten Luft, hätten dafürgesorgt, dass sich zunächst die Vegetation und damit auch dieBlattlaus-Population gut entwickelt hätten. «Die räuberischen Larvender Marienkäfer ernähren sich von diesen Blattläusen», sagt derExperte der Universität Greifswald.
In normalen Jahren gebe es bei der Entwicklung der Larven zuausgewachsenen Tieren hohe Verlustraten. Dies sei in diesem Jahraufgrund des ausgezeichneten Nahrungsangebots anders. Zudem hättenMarienkäfer wegen ihrer für viele Vogelarten unverdaulichenchemischen Inhaltsstoffe auch wenige Fressfeinde. «Solche Phänomenewie derzeit bei den Marienkäfern und Schwebfliegen sind typisch fürArten, die durch ein Räuber-Beute-Verhältnis gekennzeichnet sind.»
Dass sich die Tiere ausgerechnet an den Küsten tummeln, hat nachEinschätzung des Wissenschaftlers mit den Windverhältnissen zu tun.Aufgrund des typischerweise ablandigen Windes sammelten sich dieMarienkäfer an den Uferbereichen. Dies werde jedoch nicht von Dauersein, versicherte Hildebrandt. Die Lebensdauer der Marienkäfer sei inder Regel auf ein Jahr begrenzt.
Die Bisse, von denen Urlauber berichteten, sind nach Angaben desZoologen völlig harmlos und oberflächlich. «Der Mensch passt nicht indas Beuteschema des Marienkäfers.»
Auch in Schleswig-Holstein gibt es eine massenhafte Vermehrung vonMarienkäfern. Das sei ein ganz natürliches Phänomen, teilte der NABUHamburg mit. Marienkäfer und ihre Larven vertilgen große Mengen vonBlattläusen. «Für den Gärtner ist der Marienkäfer also tatsächlichein echter Glückskäfer», sagte Sprecher Bernd Quellmalz. Der NABUbetrachtet jedoch das Vordringen des Asiatischen Marienkäfers mitSorge, da er möglicherweise heimische Arten verdrängt.