Österreich Österreich: Zeuge: Natascha wirkte mit Entführer glücklich
Wien/dpa. - Ernst Holzapfel, ein Bekannter und ehemaligerGeschäftspartner des Kidnappers, sagte am Mittwoch bei einerPressekonferenz, der Täter Wolfgang Priklopil sei Mitte Juli inBegleitung einer jungen Frau auf seinem Firmengelände erschienen. Erhabe sie als Bekannte vorgestellt. «Sie machte einen fröhlichen,glücklichen Eindruck.» Mit dieser Darstellung bestätigte der ZeugeMutmaßungen, dass das Entführungsopfer Kampusch in jüngerer Zeit ihre Zelle und das Haus des Täters öfter verlassen durfte.
Priklopil hatte Kampusch am 2. März 1998 als Zehnjährige auf demSchulweg entführt und in seinem Haus in Strasshof nahe Wienfestgehalten. Sie hatte sich nach eigenen Angaben in der vergangenenWoche aus seiner Gewalt befreit. Ihr Entführer tötete sich wenigeStunden nach ihrer Flucht. Ernst Holzapfel sagte jetzt, er habedamals im Juli keine Ahnung gehabt, dass es sich bei der ihmvorgestellten Frau um die seit mehr als acht Jahren Vermisstegehandelt habe.
Holzapfel gab in seiner Erklärung vor der Presse in Wien an, erhabe die Begleiterin von Wolfgang Priklopil erst vergangene Woche beider Vernehmung durch die Polizei auf Fotos als Natascha Kampuschwiedererkannt. «Ich bin fassungslos über die Tat», sagte Holzapfel.Seinem ehemaligen Geschäftspartner habe er «so etwas Entsetzlichesnie zugetraut».
Unterdessen hat der Vater der jungen Frau in einem Interview desdeutschen Nachrichtensenders N24 seine Angaben wiederholt, dassPriklopil dem entführten Mädchen vorgetäuscht habe, die Elternwollten Natascha Kampusch nicht gegen Lösegeld zurück. Er habe demOpfer eine Lösegeld-Erpressung vorgetäuscht, berichtete der Vater amDienstagabend.
Wie der Zeuge Holzapfel erzählte, hatte ihn Priklopil amvergangenen Mittwoch, dem Tag von Nataschas Flucht, um Hilfe gebeten:«Er hat mich angerufen und gesagt: Es ist ein Notfall. Bitte komm'sofort.» Er sei ohne nachzufragen zum Treffpunkt in demEinkaufszentrum gefahren, in dem später das Auto des Entführersgefunden wurde. «Er erzählte mir, dass er soeben in angetrunkenemZustand vor einer Polizeikontrolle davongerast sei. Er sagte, "dienehmen mir den Führerschein weg".»
Auto und Führerschein seien für Priklopil «sein Heiligtum»gewesen, deshalb habe er ihm geglaubt. Er habe ihm geraten, sich derPolizei zu stellen. «Da ich ihn als korrekten Menschen kenne, hatteich keine Zweifel, dass er das tun würde», sagte Holzapfel. EinigeStunden später habe er von der Polizei vom Selbstmord seinesBekannten erfahren.
Holzapfel hatte Priklopil nach eigenen Angaben in den 1980erJahren kennen gelernt, als beide eine Ausbildung zumNachrichtentechniker machten. Später betrieb er mit ihm über Jahrehinweg eine Immobilienfirma, die Sanierungs- und Umbauarbeitenvornahm. Die Zusammenarbeit habe sich nach Abschluss eines größerenProjektes 1997 etwas gelockert.
Der Zeuge beschrieb den Täter als «freundlich und hilfsbereit. Erwollte nie im Vordergrund stehen und hat sich nie aufgedrängt.»Holzapfel war den Ermittlungen zufolge einer der wenigen Menschen,mit denen der Entführer Kontakt hatte. Er gab an, in den vergangenenJahren in dem Haus in Strasshof gewesen zu sein, etwa um Werkzeugabzugeben. Dabei habe er die Montagegrube in der Garage gesehen, inder Natascha nach außen nicht sichtbar gefangen gehalten wurde: «DaHerr Priklopil häufig an seinen Autos arbeitete, war dies nichtsUngewöhnliches für mich.»
Mit seiner Aussage zu der Begegnung im Juli bekräftigte der Manndie Vermutungen der Ermittler, dass sich in den vergangenen Monatendas Verhältnis zwischen Priklopil und seinem Opfer geändert habensoll. Auch Nachbarn hatten im Garten und im Auto des Täters ab und zueine junge Frau gesehen. Ein Zeuge sagte im österreichischen RundfunkORF, Priklopil habe auf seine Nachfrage angegeben, die junge Frau seieine Jugoslawin, die er sich von einem Bekannten für Aushilfsarbeiten«ausgeborgt» habe. In den ersten Jahren hatte Natascha Kampusch denErmittlungen zufolge das Haus nie verlassen dürfen.
Die Polizei setzte am Mittwoch auch die Ermittlungsgespräche mitNatascha Kampusch fort. Die Befragung verlief nach Angaben derNachrichtenagentur APA «in positivem Gesprächsklima» und dauerteinsgesamt eine Stunde. Dabei soll die 18-Jährige noch einmalbekräftigt haben, dass es neben Priklopil weder Mitwisser nochKomplizen gegeben habe. Auch Fragen in Zusammenhang mitsichergestellten Spuren habe es gegeben. Kampusch selbst hatte ineinem eindringlichen Appell zu Beginn der Woche gebeten, ihrePrivatsphäre zu wahren. Die Spurensicherung am Tatort wird nachPolizeiangaben noch einige Tage dauern.
