Unternehmen Ostdeutsche Textilindustrie digitaler: Firmen setzen auf KI
Die Corona-Krise hat der ostdeutschen Textilindustrie herbe Einbußen beschert. Inzwischen haben die Unternehmen aufgeholt und treiben die Digitalisierung voran. Hoffnungen ruhen auch auf dem Einsatz künstlicher Intelligenz.
Hohenstein-Ernstthal - Die ostdeutsche Textilindustrie treibt den digitalen Wandel voran und setzt auch auf künstliche Intelligenz. Schon heute sei die Digitalisierung in vielen Unternehmen deutlich vorangeschritten, etwa mit Blick auf die Auftragsabwicklung, Abläufe in der Produktion und der Entwicklung von Designs, sagte Anke Pfau vom Branchenverband VTI am Freitag im sächsischen Hohenstein-Ernstthal. „Bei technischen Textilien können heute schon Eigenschaften simuliert werden.“ Geforscht werde daran, mit Hilfe von Avataren orthopädische Produkte schon vor der Produktion anzupassen und auszuprobieren. „Auch der digitale Produktpass wird kommen.“
Die Branche erhofft sich dabei mehr Effizienz gerade auch wegen des immer größeren Mangels an Fachkräften. Zuletzt konnten den Angaben zufolge mehr als 40 Prozent der Ausbildungsplätze nicht besetzt werden. So könnte künstliche Intelligenz (KI) helfen, fehlerhafte Waren zu erkennen und auszusortieren, erklärte Pfau. Dies werde bisher in der Regel von Menschen erledigt.
Die Sächsischen Textilwerke in Crimmitschau arbeiten daran, KI bei der Rekonstruktion historischer Seidenstoffe einzusetzen, etwa für Vorhänge in Schlössern, Wandbespannungen oder Möbel. Der Prozess sei bisher sehr aufwendig und brauche viel Zeit, erläuterte Geschäftsführer Torsten Bäz. Mit Hilfe von KI, so seine Hoffnung, könnte dies beschleunigt werden.
Die ostdeutsche Textilindustrie hat ihren Schwerpunkt in Sachsen und Thüringen und ist vor allem auf technische Textilien spezialisiert. Sie machen nach Verbandsangaben mehr als die Hälfte des Umsatzes aus.
Insgesamt hat die Branche im Osten rund 16.000 Beschäftigte. Fehlende Fachkräfte hätten zuletzt teils durch Arbeitskräfte aus der Ukraine ersetzt werden können. „Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht“, berichtete Thomas Lindner, Geschäftsführer der Strumpffabrik Lindner in Hohenstein-Ernstthal. Allerdings sehe er darin keine langfristige Lösung für das Fachkräfteproblem, weil die Kriegsflüchtlinge schnellstmöglich in ihr Land zurückkehren wollten.
Zuletzt hatte die Corona-Krise der Textilbranche arg zugesetzt. Inzwischen hätten die Unternehmen aber beim Umsatz wieder deutlich aufgeholt, erklärte VTI-Hauptgeschäftsführer Jenz Otto. Allerdings hätten die Produktionskosten für viele Firmen stärker zugelegt als die Erlöse. Während die Umsätze im vergangenen Jahr im Schnitt um 7 Prozent gestiegen seien, hätten die Kosten durch Löhne, Energie, Transport und Rohstoffe um 11 Prozent zugelegt. So habe die Branche zwar die Umsatzzahlen von 2019 wieder erreicht. Preisbereinigt liege sie jedoch noch unter dem Vor-Corona-Niveau.
Für dieses Jahr wollte Otto angesichts vieler Unwägbarkeiten noch keine Prognose für die Entwicklung der Branche abgeben.