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Energieversorgung Ohne Chlor und feste Brücke - Zweites LNG-Terminal vor Start

An der Jade in Wilhelmshaven soll bald ein zweites LNG-Terminal in Betrieb gehen - das Spezialschiff dafür ist eingetroffen. Bei der zweiten Anlage ist einiges anders als beim ersten Terminal.

Von dpa Aktualisiert: 28.04.2025, 14:24
Das Spezialschiff „Excelsior“ soll nach seiner Ankunft als Teil des zweiten schwimmenden LNG-Terminals in Wilhelmshaven in einen Testbetrieb gehen.
Das Spezialschiff „Excelsior“ soll nach seiner Ankunft als Teil des zweiten schwimmenden LNG-Terminals in Wilhelmshaven in einen Testbetrieb gehen. Sina Schuldt/dpa

Wilhelmshaven - Deutschlands Infrastruktur für den Import von Flüssigerdgas (LNG) wächst. An einem neu gebauten Inselanleger in der Jade vor Wilhelmshaven hat ein weiteres Spezialschiff für die Anlandung und Regasifizierung von LNG festgemacht. 

Die 277 Meter lange „Excelsior“ soll nun unter hohen Sicherheitsauflagen einen mehrwöchigen Testbetrieb beginnen, wie die Deutsche Energy Terminal Gesellschaft (DET) mitteilte. Der Start des Terminals hat sich bereits um Monate verzögert. Umweltschützer kritisieren den Ausbau der deutschen LNG-Terminal-Infrastruktur als unverhältnismäßig. 

Die „Excelsior“ ist das zweite schwimmende LNG-Terminal an der Jade in Wilhelmshaven und es wäre bei der Inbetriebnahme das vierte Terminal in Deutschland. Es liegt in Sichtweite rund zwei Kilometer südlich des ersten deutschen schwimmenden LNG-Terminals, der „Höegh Esperanza“, die bereits Ende 2022 an der Jade ankam und wenig später in Betrieb ging. 

Start viele Monate später

Die Inbetriebnahme des zweiten Terminals hatte sich zuletzt - ähnlich wie das schwimmende LNG-Terminal in Stade - deutlich verzögert. Ursprünglich hatte die bundeseigene Betriebsgesellschaft DET mit einer Inbetriebnahme in der ersten Jahreshälfte 2024 gerechnet. Früheren Angaben zufolge hatten unter anderem Zuliefererprobleme zu Verzögerungen geführt. 

Um das von Tankern bei minus 162 Grad angelieferte verflüssigte Erdgas auf der „Excelsior“ wieder in Gas umzuwandeln, wird es an Bord mit Seewasser erwärmt. Danach wird es im gasförmigen Zustand an Land gepumpt. 

Über das neue Terminal sollen nach DET-Angaben in diesem Jahr bis zu 1,9 Milliarden Kubikmeter Gas angelandet und in das Netz eingespeist werden. Das reicht demnach rechnerisch für den Energieverbrauch zum Heizen von rund 1,5 Millionen Vierpersonenhaushalten. In den Folgejahren soll die Kapazität des Terminals auf bis zu 4,67 Milliarden Kubikmeter pro Jahr erhöht werden. 

Umwelthilfe kritisiert LNG-Ausbau

Die Bundesregierung hatte den Aufbau von LNG-Terminals an Nord- und Ostsee nach dem russischen Angriff auf die Ukraine forciert, um unabhängig von russischen Gaslieferungen zu werden. In Deutschland gibt es bislang mehrere schwimmende Terminals. Diese befinden sich in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Mukran auf Rügen. Die DET teilte mit, das zweite LNG-Importterminal in Wilhelmshaven leiste einen „erheblichen Beitrag für die Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa“. Langfristig sollen solche Terminals, die aus einem Spezialschiff bestehen, durch Terminals an Land ersetzt werden. 

Da die schwimmenden Anlagen bislang vergleichsweise wenig ausgelastet sind, stehen sie in der Kritik. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hält den Aufbau für überdimensioniert. „Deutschland setzt auf eine klima- und umweltpolitisch fatale LNG-Überkapazität. Kein einziges Terminal ist annähernd ausgelastet“, sagte DUH-Energieexperte Constantin Zerger in einer Mitteilung. 

Anbindungsleitung verläuft auf dem Meeresboden

Anders als bei dem ersten schwimmenden LNG-Terminal, das an einer bestehenden Umschlaganlage für chemische Güter in Betrieb genommen wurde, kommt das zweite Terminalschiff in Wilhelmshaven ohne eine feste Landverbindung aus. Zwischen dem Inselanleger in der Jade und der Druckreglerstation am Festland verläuft eine rund 1,5 Kilometer lange Anbindungsleitung auf dem Meeresgrund. 

Noch etwas ist anders: Damit die Seewassersysteme am ersten LNG-Terminal in Wilhelmshaven nicht mit Algen und Muscheln zuwachsen, wird zur Reinigung Biozid in Form von Chlor eingesetzt. Da die chlorhaltigen Abwasser der „Höegh Esperanza“ in die Jade eingeleitet werden, fürchten Umweltschützer Schäden für das benachbarte Wattenmeer. Wasserproben zum Umweltschutz waren laut Behörden zuletzt meist unter dem Chlor-Grenzwert geblieben. Auf dem zweiten Terminalschiff dagegen sollen die Rohrsysteme mit einer Ultraschalltechnik gereinigt werden. Die Mehrkosten für die Umrüstung übernahm der Bund. 

Die Umwelthilfe fordert auch deshalb mit der Inbetriebnahme des Terminalschiffs „Excelsior“ die „Höegh Esperanza“ stillzulegen.