Tier- und Pflanzenkrankheiten Nicht nur die Maul- und Klauenseuche macht den Bauern Sorge
Zuletzt hat der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche Landwirte in Sorgen versetzt. Sie ist aber nicht die einzige Krankheit, mit der sich die Branche derzeit beschäftigen muss.
Hannover - Landwirte haben viel auszuhalten: Sorgen bereiten nicht nur zu viel Bürokratie, schlechter Ertrag oder hohe Kosten - auch Krankheiten kommen hinzu. Damit müssen sich sowohl Viehhalter als auch Ackerbauern beschäftigen.
Afrikanische Schweinepest
Die niedersächsischen Schweinehalter blicken derzeit vor allem auf das unmittelbare Nachbarland Hessen, denn dort wurde im vergangenen Juni erstmals das für Haus- und Wildschweine gefährliche Virus der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei einem Wildschwein festgestellt. Sperrzonen wurden eingerichtet, die für die Landwirte große Einschränkungen bei der Vermarktung mit sich bringen.
„Der Handel nimmt die Produkte nur sehr zögerlich an“, sagt der Vizepräsident des Landvolks Niedersachsen, Jörn Ehlers, zur Situation seiner Kollegen im Nachbarland. Und das, obwohl von den Fleisch- und Wurstwaren keinerlei Gesundheitsgefahren ausgehen.
Initiativen der Landespolitik, dass die EU bei Ausbrüchen die Sperrzonen verkleinert oder Zeiträume verkürzt, seien bislang ohne Erfolg geblieben, sagte Ehlers. Im Jahr 2022 gab es im Emsland einen ASP-Fall, der die Betriebe in der Region in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht habe. Ein erneuter ASP-Ausbruch wäre vor allem für die Tierhaltungs-Hochburgen in Westniedersachsen dramatisch.
Blauzungenkrankheit
Auf mehr als 4.000 niedersächsischen Betrieben ist seit Herbst 2023 die Blauzungenkrankheit nachgewiesen worden. An der Blauzungenkrankheit erkranken Wiederkäuer. Das Virus wird von blutsaugenden Stechmücken, den Gnitzen, übertragen. Bei einem Schaf ende die Infektion mit einem Virus zu 90 Prozent tödlich, sagt Frank Kohlenberg, Milchviehhalter im Landkreis Holzminden und ebenfalls Vizepräsident des Landvolks Niedersachsen.
Bei Rindern kann die Krankheit ausheilen, anschließend sind die Tiere immun gegen das Virus. Allerdings nehme die Milchleistung bei den Tieren in der Folge ab - die geringere Milchliefermenge ist eine Ursache für die recht hohen Verbraucherpreise etwa bei Butter. Landwirte sollten auf jeden Fall ihre Tiere impfen, bevor in einigen Wochen die Weidesaison wieder beginne, sagt Kohlenberg.
Geflügelpest
Nach wie vor müssen sich Geflügelhalter in Niedersachsen mit Ausbrüchen von Geflügelpest beschäftigen. Die Zeiten, in denen Millionen Tiere getötet werden mussten, seien aber vorbei, sagte Friedrich-Otto Ripke, Vorsitzender des Niedersächsischen Geflügelwirtschaftsverbands. Von Januar 2024 bis Januar 2025 habe es deutschlandweit 35 Ausbrüche der Krankheit gegeben, davon waren 9 in Niedersachsen. In diesem Zeitraum seien insgesamt 409.000 Tiere getötet worden.
Inzwischen hätten sich die Hygienemaßnahmen auf den Betrieben deutlich verbessert, die verhindern sollen, dass das für Geflügel hochgefährliche Virus in die Ställe gelangt. Diese Maßnahmen seien für im Freiland lebende Tiere aber sehr viel schwerer umzusetzen, sagte Ripke.
Die französische Regierung habe jüngst mehr als 100 Millionen Euro für Impfdosen ausgegeben. Erste Impfstoffe seien schon auf dem Markt. Auch die Geflügelwirtschaft in Deutschland wolle die Tiere impfen lassen, aber noch sei man nicht so weit. Denn klar sei, dass auch bei Impfungen die Tiere weiter auf das Virus getestet werden müssen. „Wir brauchen auch ein Monitoring unter der Impfdecke“, sagte Ripke. Hier müsse es für die Geflügelhalter bezahlbare Lösungen geben.
Schilf-Glasflügelzikade
Sorgen machen sich auch Landwirte, die in Niedersachsen Zuckerrüben, Kartoffeln, Möhren und Zwiebeln anbauen. Seit einiger Zeit breite sich auch in Deutschland die aus Süd- und Südosteuropa stammende Schilf-Glasflügelzikade aus, sagt Landvolk-Vorstandsmitglied Thorsten Riggert. Das Insekt selbst ist kein Schädling, aber es überträgt Krankheitserreger. Bei den Rüben führe es zu sogenannten Gummirüben, sagt Riggert. „Die Rübe hat keinen Ertrag mehr, sie hat keinen Zucker mehr und lässt sich nicht mehr verarbeiten.“
Auch befallene Kartoffeln ähneln der Gummirübe; die Knollen haben laut Riggert innere Verfärbungen. Bei Möhren wirke sich die Krankheit ähnlich aus. Nur bei der Zwiebel sei bislang nicht klar, ob es zu Veränderungen komme. Aber die befallenen Partien bei Zuckerrüben, Kartoffeln und Möhren könnten nicht mehr vermarktet werden - sie seien nur noch Abfall. Die Krankheit sei in Deutschland bislang in Bayern, Sachsen-Anhalt und Hessen aufgetreten.
Kartoffel- und Zuckerrübenwirtschaft haben laut Riggert inzwischen Forschungsvorhaben zur Entwicklung von Pflanzenschutzmitteln auf den Weg gebracht. Da sei zwar ein erheblicher finanzieller Aufwand. Aber die von der Schilf-Glasflügelzikade übertragene Krankheit habe für die Branche große Auswirkungen. „Da steht im Grunde die Erzeugung von Kartoffeln und Zuckerrüben in Deutschland komplett infrage“, sagt Riggert.
Folgen der Maul- und Klauenseuche
Nachdem am 10. Januar in Brandenburg bei Wasserbüffeln die Maul- und Klauenseuche festgestellt wurde, reagierten die Märkte nervös. Aber seitdem kam kein neuer Fall hinzu. Falls das so bleibe, seien das gute Nachrichten für die deutsche Landwirtschaft, sagte Albert Hortmann-Scholten, Marktexperte bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
Wenn es keinen neuen MKS-Fall gebe, gelte Deutschland frühestens drei Monate nach dem Ausbruch in Brandenburg wieder als frei von der Tierseuche. Damit würden aber nicht automatisch die Exporte, etwa von Schweinefleisch, wieder anlaufen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium müsste mit Staaten, die ein Importverbot für Waren aus Deutschland verhängt haben, wieder neu über die Exportzertifikate verhandeln, sagte Hortmann-Scholten.
Wieder Verhandlungen mit Großbritannien
Allerdings gebe es bereits Gespräche zwischen Deutschland und Großbritannien, dem größten Absatzmarkt für deutsches Schweinefleisch außerhalb der EU, wieder Waren aus nicht betroffenen Regionen einzuführen. Er rechne damit, dass die Schlachtpreise für Schweine bald wieder anziehen würden, sagte Hortmann-Scholten.
Entspannung sehe er auch auf dem Milchmarkt. Inzwischen habe sich dieser wieder normalisiert, nachdem nach dem MKS-Ausbruch einige Molkereien besorgt gewesen seien. Wegen der Blauzungenkrankheit lägen die Milchanlieferungen an die Molkereien bislang unter denen des Vorjahres. Gleichzeitig sei die Nachfrage hoch. Das führe für die Milchviehhalter zu relativ guten Preisen. „Der Milchbasispreis hat zuletzt zwischen 50 und 52 Cent pro Liter gependelt“, sagte Hortmann-Scholten. Auch die Rindfleischpreise seien auf einem stabilen Niveau.