Bürgerbeteiligung Neues Format für Diskussion über Tempelhofer Feld geplant
Die riesige Fläche des Tempelhofer Feldes steht immer mal wieder zur Debatte: Soll alles bleiben, wie es ist? Oder sollen dort Wohnungen entstehen? Nun gibt es eine neue Idee aus dem Senat.
Berlin - Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen will eine breite gesellschaftliche Diskussion über mögliche künftige Nutzungen des Tempelhofer Feldes anstoßen - und plant dazu ein neues Format der Bürgerbeteiligung. „Das genaue Verfahren wird derzeit senatsintern abgestimmt. Ich rechne damit, dass wir im September einen konkreten Vorschlag machen können“, sagte Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt der Deutschen Presse-Agentur.
Ziel sei es, bei regelmäßigen Treffen zunächst aktuelle Bedarfe der Stadt zu ermitteln, etwa bei Wohnraum, Büro- und Gewerbeflächen, aber auch Grün-, Freizeit- und Erholungsflächen. „Dann soll geschaut werden, inwieweit Teile dieser Bedarfe an den Rändern des Tempelhofer Feldes sehr verträglich geplant und realisiert werden können. Dieser Prozess muss natürlich ergebnisoffen sein.“
Auch der „Tagesspiegel“ berichtete am Mittwoch unter Berufung auf einen Sprecher der SPD-geführten Senatsverwaltung, dass ein „Prozessvorschlag“ entwickelt worden sei, wie ein geplanter Ideenwettbewerb für die Freifläche und die Beteiligung der Bevölkerung aussehen sollen. Dieser werde derzeit mit dem Koalitionspartner CDU abgestimmt. Nach Ende der Sommerpause solle der Vorschlag in den Senat gehen und dort beschlossen werden.
Beim Volksentscheid am 25. Mai 2014 hatte eine Mehrheit der Wähler dafür gestimmt, das nicht mehr als Flughafen genutzte Tempelhofer Feld nicht zu bebauen und stattdessen so zu belassen, wie es ist. Das ist auch in einem Gesetz festgelegt. Angesichts der Wohnungsknappheit in Berlin wird aber seit geraumer Zeit darüber diskutiert, ob das noch zeitgemäß ist und ob nicht zumindest an den Rändern des Areals Wohnungen entstehen könnten.
CDU und SPD verständigten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf, mit einem internationalen städtebaulichen Wettbewerb Möglichkeiten einer „behutsamen Randbebauung in begrenzten Teilen der Fläche“ auszuloten. „Der weit überwiegende Teil der Freifläche bleibt bei einer klimagerechten Gesamtgestaltung für Erholung, Freizeit, Sport und Kultur gesichert“, heißt es dort. Zunächst soll jedoch das neue Format der Bürgerbeteiligung greifen, wie es aus Senatskreisen zur Reihenfolge der geplanten Schritte hieß. Erst danach würde der Ideenwettbewerb folgen.
Die Bürgerinitiative „100% Tempelhofer Feld“ kritisierte das Vorgehen von CDU und SPD als fragwürdig. Schließlich liege mit dem Volksentscheid 2014 bereits ein klares Votum der Berlinerinnen und Berliner gegen eine Bebauung des Feldes vor, sagte Amaya Kreye von der Initiative der dpa. Eine neue Bürgerbeteiligung, von der zudem noch keiner wisse, wie sie aussehen solle, sei nicht gleichwertig mit einem gültigen Volksentscheid.
Kreye sieht in den Plänen einen Versuch, das mit dem Volksentscheid beschlossene Tempelhof-Gesetz schrittweise anzugehen. „Es wirkt wie eine Kampagne, um die Akzeptanz für weiteren Neubau in der bereits dicht bebauten Innenstadt und am vom Volksentscheid geschützten Feld durchzudrücken“, sagte sie. „Man hat den Eindruck, dass es bei den Maßnahmen darum geht, eine Entscheidung zu legitimieren, die im Hintergrund bereits getroffen ist.“
Die Naturfreunde Berlin erklärten: „Es ist völlig inakzeptabel, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die demokratische Entscheidung durch die Hintertür aushebeln möchte.“ Das Feld sei wichtig für Erholung und Freizeit, diene als Frischluftschneise für die Stadt und sei eine bedeutende ökologische Fläche.
Tempo bei den Bebauungsplänen fordert hingegen der Sprecher für Bauen und Stadtentwicklung der CDU-Fraktion, Christian Gräff. Das Gelände biete „ein riesiges Potenzial“ für Erholung und Wohnen, sagte er dem „Tagesspiegel“. Nach seinen Vorstellungen könnte der Ideenwettbewerb noch dieses Jahr starten. Bereits 2024 könne man sich dann mit konkreten Ideen zur Randbebauung beschäftigen „und im Jahr 2025 oder 2026 alle Berliner zu einer möglichen Randbebauung befragen“.
Der Sprecher für Stadtentwicklung der SPD-Fraktion, Matthias Schulz, sagte der Zeitung: „Angesichts des Wohnungsmangels in der Stadt drängt sich das riesige Wohnraumpotenzial des Tempelhofer Feldes auf.“ Klar müsse sein, dass sich eine Bebauung auf den äußeren Ring fokussiere und der innere Bereich unangetastet bleibe. Die Grünen halten eine Bebauung des Areals für falsch, wie die Fachpolitiker der Fraktion, Katrin Schmidberger und Julian Schwarze, erklärten.
Ein mögliches neues Konzept wollen CDU und SPD erklärtermaßen von den Berlinerinnen und Berlinern absegnen lassen. Wie genau das gehen soll, ist offen. Hinter den Kulissen wird nicht damit gerechnet, dass noch in dieser, bis 2026 laufenden Legislaturperiode Entscheidungen über eine mögliche Bebauung des Tempelhofer Felds getroffen werden.