Neues Buch Neues Buch: Der «Würger von Plauen»
Berlin/dpa. - 15 weitgehend unbekannte oder verschwiegende Kriminalfälle ausder DDR schildert Autor Hans Girod in seinem neuen Buch «Das Skelettim Wald», das jetzt im Verlag das Neue Berlin erschien. Dabeischildert der frühere Kriminalistik-Dozent an der Berliner Humboldt-Universität auch, dass in den Anfangsjahren der DDR politischeZuverlässigkeit der Polizisten höher im Kurs stand als fachlicheQualifikation oder das Bildungsniveau. Oder dass Sozialdemokraten,die in der Weimarer Republik Polizisten waren, keine Chancen imMachtapparat des Arbeiter-und-Bauern-Staates hatten. Sie seien beiradikalen «Säuberungsaktionen» entlassen worden, schreibt Girod.
«Der Würger von Plauen» im heutigen Sachsen wird zu 12 JahrenHaft verurteilt. Doch von dem Prozess erfährt die Öffentlichkeitnichts. Die Politführung habe kein Interesse gehabt, offen zu legen,wie es einem Offizier der Kripo gelingen konnte, über Jahre hinwegschwere Straftaten zu begehen und diese auch noch selbst zubearbeiten, heißt in dem Buch. Der Autor fragt sich auch, ob derMann in der Haft überhaupt therapiert werden konnte. Mitte der 90erJahre frei gekommen, soll er heute unauffällig im Brandenburgischenleben.
In einem anderen Fall geht es um einen Mann aus Neubrandenburg imheutigen Mecklenburg-Vorpommern, der zwei Morde gesteht, die ernicht begangen hat, und zu lebenslanger Haft verurteilt wird. Dochauch der Leser muss durch Wortwahl und bürokratische Sprachezunächst annehmen, dass der Mann schuldig ist. Der Täter, derletztlich keiner ist, wird als «primitiver Egoist mit flacherGefühlswelt und ohne wahres Rechtsempfinden» beschrieben.
Nachdem der wahre Täter gefasst worden ist, wird die lebenslangeFreiheitsstrafe aufgehoben und der Unschuldige auf freien Fußgesetzt. Wie es zu seinem falschen Geständnis kam, bleibt imDunkeln. Offenbar seien seine alkoholbedingten Erinnerungslückendurch «geschickte Vernehmungsführung» systematisch gefüllt worden,meint der Autor.
Fehlurteile seien nicht nur das Resultat von Ermittlungs-Irrtümern oder von rechtlicher Bewertung gewesen, schreibt Girod,der in der DDR selbst Kriminalist war. Auch die Rechtsbeugungbesonders in politischen Prozessen zähle dazu. Durch gezielteAuslegung schwammig formulierter Tatbestände und überzogene Strafenhabe es bei Verfahren gegen Oppositionelle oder bei Prozessen wegen«Republikflucht» Fehlurteile «unbekannten Ausmaßes» gegeben.
(Verlag Das Neue Berlin, 288 S., Euro 12,90, ISBN: 3-360-01259-3)