ÖPNV Neuer BVG-Chef: Mehr Sauberkeit und stabileren Busverkehr
Als früherer Chef der Hamburger Hochbahn hat sich Henrik Falk an saubere Busse und Bahnen gewöhnt. Nun leitet er die Berliner Verkehrsbetriebe und sieht dort nicht nur bei diesem Thema Nachholbedarf.
Berlin - Von einem verlässlich fahrenden, sauberen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) waren die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zuletzt ein Stück weit entfernt: Aufgrund von zu wenigen Busfahrerinnen und Busfahrern fahren viele Linien seit Monaten nur im reduzierten Takt. Ein hoher Krankenstand führte im Dezember zudem zu Ausfällen und Verspätungen auch bei U- und Straßenbahnen - und so mancher Fahrgast meidet nachts lieber bestimmte Linien. Für den neuen BVG-Chef Henrik Falk gibt es also viel zu tun. Zum Beginn des Jahres hat er die Leitung des größten Verkehrsunternehmens in Deutschland übernommen.
„Die gute Nachricht ist, dass ich hier noch kein Thema gesehen habe, das mir wichtig erscheint, wo die BVG noch nicht dran ist“, sagte Falk der Deutschen Presse-Agentur. Das Problem sei eher, dass derzeit zu viele Punkte gleichzeitig angegangen würden. „Wir müssen gucken, dass wir uns sowohl was Kapazitäten, aber auch was Zeitpläne, was Inhalte und was die Zielstellung angeht, mehr auf die wichtigen Themen fokussieren“, sagte Falk.
Sicherheit, Sauberkeit und ein stabilerer Busverkehr lauten demnach seine Schwerpunkte. „Der Hauptfokus im Jahr 2024 liegt natürlich auf der Stabilisierung des Systems“, betonte der 53-Jährige. „Es ist kein Geheimnis, dass die BVG gerade im Busbereich operative Herausforderungen hat.“ Um insgesamt sechs Prozent strich das Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren das Busangebot zusammen. Grund ist der Mangel an Fahrerinnen und Fahrern. Auf 350 bezifferte das Unternehmen zuletzt die Personallücke. Auch wenn im vergangenen Jahr immerhin 650 neue Busfahrerinnen und Fahrer eingestellt wurden.
Für Falk sind das Wachstumsschmerzen eines größer gewordenen Angebots. „Ich war total überrascht zu sehen, dass die Verkehrsleistung bei der Straßenbahn im Jahr 2023 im Vergleich zu 2019 um zehn Prozent zugelegt hat“, sagte er. „Beim Bus sind es trotz der Reduzierung des Angebots noch rund zwei Prozent mehr Leistung gegenüber 2019.“ Der angespannte Arbeitsmarkt mache es schwer, angesichts des Wachstums mit der Rekrutierung von ausreichend Personal hinterherzukommen.
Doch der gebürtige Berliner sieht auch im eigenen Haus Verbesserungspotenzial, um mehr Menschen für das Unternehmen zu gewinnen. „Die Prozesse müssen schlanker werden, wir müssen entbürokratisieren“, betonte er. „Wir müssen viel mehr dafür sorgen, dass die Leute mehr selber entscheiden können.“ Auch bei der Digitalisierung des Unternehmens sieht Falk Nachholbedarf. „Wenn ich jetzt beispielsweise nur im IT-Bereich bleibe, wo wir über Plattformen reden, über autonomes Fahren, und Sie kommen von einer anderen Firma zum größten Nahverkehrsunternehmen Deutschlands, der BVG, dann ist da noch deutlich Luft nach oben.“ Da müsse das Unternehmen nun ran.
Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch, die Abbrecherquote bei Fahrprüfungen zu reduzieren, damit mehr Bewerberinnen und Bewerber im Betrieb ankämen. Das habe auch mit den hohen Standards bei den Prüfungen zu tun. „Natürlich haben wir ein sehr hohes Qualitätslevel. Es gibt aber beispielsweise auch viele tolle Leute, die sich vielleicht nur mit der Prüfungssituation schwer tun.“
Weder die Hauptstadt noch die BVG sind für Falk Unbekannte. Im Unternehmen war der Jurist bereits als Finanzvorstand tätig, bevor er für acht Jahre in die Hansestadt zur Hamburger Hochbahn wechselte. Dort setzte er den sogenannten Hamburg-Takt um: Bis 2030 soll damit jeder Bürger und jede Bürgerin von morgens bis in die Abendstunden hinein innerhalb von fünf Minuten ein Angebot des öffentlichen Verkehrs erreichen können.
Ein denkbares Modell auch für Berlin? „Natürlich sehe ich, dass es für Berlin sehr gut wäre, nach vorne eine Idee zu entwickeln, wie Mobilität in Berlin im Jahr 2035 aussehen soll“, sagt Falk. „Dogmatische Debatten über einzelne Verkehrsmittel sind da grundsätzlich nicht zielführend“, betont er mit Blick auf den Streit um den Bau neuer U-Bahnlinien. „Der entscheidende Punkt ist, dass ich ein Ziel habe und dann kann ich schauen, mit welchen Mitteln, mit welchem Verkehrsträger kann ich das erreichen.“ Wenn etwa bei einer seriösen Betrachtung rauskommen sollte, dass eine ebenfalls umstrittene Magnetschwebebahn das richtige Mittel ist, „dann bin ich der Letzte, der etwas dagegen hat.“