Fußball-Nationalmannschaft Nagelsmann probt die Zukunft mit Pavlovic und Stiller
Die Pflicht hat die Nationalmannschaft in Bosnien-Herzegowina erfüllt. Gegen den fußballerischen Erzrivalen soll die Kür folgen. Emotional wird es schon vor dem Spiel gegen die Niederlande.
München - Julian Nagelsmann wagt etwas im Fußball-Klassiker. Der Bundestrainer probt im stets hitzigen Kräftemessen mit dem Erzrivalen Niederlande das Mittelfeldduo der Zukunft. Mit den Startelfdebütanten Aleksandar Pavlovic (20) und Angelo Stiller (23), die zusammen auf fünf Länderspiele kommen, will der Bundestrainer an einem emotionalen Montagabend (20.45 Uhr/ZDF) in München mit der Verabschiedung von vier DFB-Größen den vorzeitigen Einzug ins Viertelfinale der Nations League perfekt machen. Dafür ist ein weiterer Sieg nach der gelungenen Reifeprüfung beim 2:1 in Bosnien-Herzegowina nötig.
„Weil sie gut sind“
In Zenica hieß das erfahrene Duo im Zentrum noch Pascal Groß (33) und Robert Andrich (30). Doch in München „spielen Pavlo und Angelo“, wie Nagelsmann am Vorabend der Partie ohne großes Pokern um die Aufstellung ankündigte. „Weil sie gut sind“, begründete der Bundestrainer kurz und knapp auf Nachfrage.
Nicht nur für Bayern-Profi Pavlovic ist es ein echtes Heimspiel, aber auch der für den VfB Stuttgart spielende Stiller ist in München geboren. „Wir haben noch zwei Jahre bis zur EM und können im Kader nicht nur auf 33-Jährige und 34-Jährige setzen“, sagte Nagelsmann.
Abwehrchef Rüdiger ist „Fan von Stiller“
Abwehrchef Antonio Rüdiger unterstützt das Experiment. „Die beiden Jungen haben eine große Zukunft vor sich“, sagte der Vize-Kapitän. Pavlovic kenne ich schon. Und ich muss schon sagen, ich bin Fan von Angelo Stiller, ich habe mit Real Madrid gegen ihn gespielt“
Nagelsmann erwartet ein „sehr interessantes Spiel mit einem guten Gegner. Mit dem Einzug ins Viertelfinale der Nations League im März könnte ein Etappenziel erreicht werden. Das wahre Ziel für 2025 ist aber das Finalturnier im Juni. Die Art und Weise nach etlichen verletzungsbedingten Absagen könnte Nagelsmann aber als weiteren Entwicklungsschritt verbuchen.
Wie im Sommer gegen Schottland
Der Deutsche Fußball-Bund verwies am Sonntag noch einmal auf die „Flashbacks“ zur Heim-EM im Sommer. Da war der Ablauf ähnlich: Die Mannschaft trainierte in Herzogenaurach und machte sich mit dem Bus auf den Weg in den Spielort München. Am Tag darauf folgte in der Allianz Arena das berauschende 5:1 im Eröffnungsspiel gegen Schottland.
Bei der Rückkehr dürfen auch die Fans bei der Verabschiedung der Ex-Weltmeister Manuel Neuer und Thomas Müller sowie von Ex-Kapitän Ilkay Gündogan in der Vergangenheit schwelgen. Toni Kroos wird auch geehrt, hat seine persönliche Teilnahme aber laut DFB wegen „des Trainings in seiner Nachwuchsakademie“ in Madrid abgesagt. „Das Gesamtpaket wird sicherlich sehr spannend und auch emotional“, sagte Nagelsmann. Für den Bundestrainer ist aber entscheidend, was nach der Ehrung im Stadion passiert.
Im Tor wird erstmals der Hoffenheimer Oliver Baumann stehen. Im reifen Fußballer-Alter von 34 Jahren ist er der drittälteste DFB-Debütant überhaupt. Beim Sieg in Bosnien durften Alexander Nübel (VfB Stuttgart), der Gladbacher Tim Kleindienst und der eingewechselte Jonathan Burkardt vom FSV Mainz 05 erstmals im DFB-Trikot ran. „Das Debüt gemacht, gewonnen, besser hätte der Abend nicht verlaufen können“, sagte Kleindienst. Der 29-Jährige soll auch gegen die Holländer wieder als Mittelstürmer beginnen.
Gegen die Niederlande, die auf den gesperrten Abwehrchef Virgil van Dijk verzichten müssen, werden sich die Augen aber sehr stark auf Pavlovic und Stiller richten. Der zuletzt angeschlagene und in Bosnien nicht eingesetzt Münchner Pavlovic konnte das Abschlusstraining im windigen Herzogenaurach bestreiten und grünes Licht für einen Einsatz geben. Der Stuttgarter Chris Führich hatte in Zenica eine Muskelverletzung erlitten und die Zahl der Ausfälle auf insgesamt acht erhöht.
Reife Leistung in Zenica
Bosnien-Herzegowina hatte Nagelsmann „insgesamt schon zufrieden“ verlassen. In dem kleinen, baufälligen Stadion Bilino Polje trotzte die DFB-Auswahl dem Fehlen von gleich fünf Stammspielern und gewann souveräner, als das Ergebnis aussagt. „Wir haben unseren Job gemacht. Sicherlich hätte der Sieg ein bisschen höher ausfallen können“, sagte Kapitän Joshua Kimmich. „Das ist so ein bisschen das Einzige, wo wir sagen können, damit sind wir unzufrieden.“
Nicht noch mehr Tore geschossen zu haben - im Vergleich zu den Auftritten der Nationalelf vor gut einem Jahr ist das ein Luxusproblem. Damals hatte Nagelsmann eine verunsicherte DFB-Auswahl von Hansi Flick übernommen. Wie da ein Spiel in Bosnien-Herzegowina ohne die halbe Stammelf ausgegangen wäre? Und eine Partie gegen die deutlich stärkeren Niederländer?
Augen auf Wirtz - auch ohne Musiala
Für Montag erwarte er ein „ähnliches Spiel“ wie in Zenica, sagte Florian Wirtz, wenngleich aber mit „mehr Qualität“ beim Gegner auf dem Platz. Der Leverkusener kehrt exakt vier Monate nach dem EM-Eröffnungsspiel in die Münchner Arena zurück, in der er womöglich in der Zukunft auch für den FC Bayern auflaufen könnte. Zwar muss der Spielmacher auf seinen kongenialen Partner Jamal Musiala verzichten, bewiesen hatte er seinen enormen Wert aber gegen Bosnien-Herzegowina erneut, etwa mit der cleveren Vorlage zum ersten Tor von Doppelpacker Deniz Undav.