1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Nach Unwettern: Nach Unwettern: Neue Flutwarnung in Frankreich

Nach Unwettern Nach Unwettern: Neue Flutwarnung in Frankreich

06.12.2003, 18:11
Nach den Unwettern in Südfrankreich mit mehrerenToten hat der nationale Wetterdienst noch keine Entwarnung gegeben. (Foto: dpa)
Nach den Unwettern in Südfrankreich mit mehrerenToten hat der nationale Wetterdienst noch keine Entwarnung gegeben. (Foto: dpa) SIPA

Marseille/Orléans/dpa. - Nach den verheerenden Überschwemmungen in Südfrankreich haben die Wetterdienste vor einer neuen Flut an der Loire gewarnt. Zwischen Orléans und Angers im Westen des Landes drohe das schlimmste Hochwasser seit 1983, hieß es am Samstag. Unterdessen erhöhte sich die Zahl der Toten in der Krisenregion um Arles auf sieben. Feuerwehrleite bargen in den 50 000-Einwohnerstadt die Leiche einer 94-jährigen Frau in ihrem überschwemmten Haus. Seit Samstag sind in Arles die deutschen Hochwasserspezialisten im Einsatz, wie das Technische Hilfswerk (THW) mitteilte. Insgesamt seien 850 THW- Experten mit 231 Fahrzeugen im Überschwemmungsgebiet tätig.

An der Loire stiegen die Fluten streckenweise schon über die Hochwassermarke. Die Behörden meldeten allerdings keine größeren Schäden. Gleichzeitig wurde für Nord- und Ostfrankreich große Kälte mit Temperaturen bis zu minus 15 Grad in den kommenden Tagen angekündigt. Geschwächte und ältere Menschen sollten ihre Häuser nicht verlassen, warnte der Wetterdienst.

In der Altstadt von Arles stehe das Wasser bis zu zwei Meter hoch, sagte THW-Sprecher Florian Weber, der sich vor Ort befindet, der dpa/RUFA. «Unsere Hauptaufgabe wird über den gesamten Tag sein: pumpen, pumpen, pumpen.» Die THW-Hochleistungspumpen könnten bis zu 15 000 Liter in der Minute fördern. Das Wasser müsse über Deiche und über Mauern in Kanäle und in die Rhône zurückgepumpt werden.

Die Stadt aus Römerzeiten liegt nicht nur in einem Kessel. Das Wasser kann auch wegen eines gebrochenen Bahndammes, der vor den Rhône-Wassern schützte, nicht abfließen. Nach Angaben der Präfektur des Départements Bouches-du-Rhône müssen in Arles rund 16 Millionen Kubikmeter Wasser aus den überschwemmten Wohnsiedlungen abgepumpt werden.

In den übrigen Hochwassergebieten im Südosten hat sich die Lage zwischenzeitlich beruhigt. Allerdings müssen Helfer und Bewohner jetzt Straßen und Häuser von gewaltigen Schlammmassen befreien, was noch Wochen dauern kann. Bahndämme und Straßen sind eingebrochen, tausende Hektar Ackerflächen, Gemüse- und besonders Blumenzucht- Betriebe wurden in Mitleidenschaft gezogen.

Der sozialistische Präsident des Generalrates der Region Provence- Alpes-Côte-d'Azur, Michel Vauzelle, nannte es einen Skandal, dass für Arles nicht der Notplan «Orsec» zur stärkeren Mobilisierung der Hilfskräfte ausgelöst worden sei. Der Generalratspräsident des Départements Gard, Damien Alary, will im französischen Parlament eine Art Marshall-Plan für die Verstärkung der Rhône-Deiche fordern.

In Nîmes, wo die Fluten das Trinkwasser verseucht hatten, machte sich der Wassernotstand der 130 000 Einwohner dramatisch bemerkbar. «Ich komme zum dritten Mal zur Wasserausgabe, nur für die Toilettenspülung», sagte eine entnervte Mutter von drei Kindern. An den acht Wasserausgabe-Stellen drängten sich Bewohner mit Eimern, Plastikflaschen und Kanistern. Etwa 20 000 Haushalte waren noch ohne Telefonverbindungen, in tausenden gab es noch keinen Strom.

Der Gesamtschaden der Flut könnte nach ersten Schätzungen mehrere 100 Millionen Euro ausmachen. Die wirtschaftlichen Folgen «dürften sehr viel höher liegen als nach den Überschwemmungen der letzten Jahre», sagte ein Sprecher der Handelskammer. Allein für Arles, wo 3000 Menschen ihre Häuser verlassen mussten und wo mehr als 250 Industriebetriebe immer noch unter Wasser stehen, wurde der Schaden auf 200 Millionen Euro geschätzt.

Von vermummten Scharfschützen bewacht wurden in Arles Schwerverbrecher in Handschellen mit Schlauchbooten abgeholt. «Wir mussten die Eisengitter der Zellenfenster durchsägen, weil das Wasser die elektrischen Türöffner lahm gelegt hatte», sagte ein Polizeibeamter. Die 193 Häftlinge kamen anschließend in andere Gefängnisse. (Foto: dpa)
Von vermummten Scharfschützen bewacht wurden in Arles Schwerverbrecher in Handschellen mit Schlauchbooten abgeholt. «Wir mussten die Eisengitter der Zellenfenster durchsägen, weil das Wasser die elektrischen Türöffner lahm gelegt hatte», sagte ein Polizeibeamter. Die 193 Häftlinge kamen anschließend in andere Gefängnisse. (Foto: dpa)
SIPA