Prozess in Berlin Nach Messerattacke und Geiselnahme: acht Jahre Haft
Ein Passant überlebt in Berlin nur knapp einen Messerangriff, danach ist eine Frau bei einer Geiselnahme in der Nähe von Hannover in Todesangst. Als Täter wird ein selbstverliebter Mann verurteilt.
Berlin - Nach einer Messerattacke auf einen Fußgänger in Berlin-Friedrichshain und einer Geiselnahme in der Nähe von Hannover ist ein 25-Jähriger zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Das Landgericht der Hauptstadt sprach den Angeklagten des versuchten Mordes, der Geiselnahme sowie der Bedrohung und Körperverletzung schuldig. Zudem soll er 15.000 Euro an das 52 Jahre alte Opfer des Messerangriffs zahlen.
„Der Fall zeichnet sich dadurch aus, dass die Handlungen des Angeklagten irrational anmuten“, sagte der Vorsitzende Richter Mark Sautter. Weil der 25-Jährige von seiner Ex-Partnerin und auch beruflich enttäuscht gewesen sei, habe er den Plan entwickelt, „als Mörder in Erscheinung zu treten, der von der Polizei nicht zu fassen ist“. Es handele sich um einen Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstruktur - „ein Mann, der sich für besser hält als andere“.
Drogenkonsum führte zu einer Psychose
Das eigentliche Problem sei, „dass er zu Drogen gegriffen hat, das führte zu einer Psychose“. Mit dem Angriff auf den Passanten wollte er „das Fanal setzen, dass er angekündigt hatte“, so der Richter. Das Gericht ging von einer verminderten Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt aus.
Der 25-Jährige, der nach seinen Angaben die deutsche und die italienische Staatsbürgerschaft besitzt, hatten nach Überzeugung des Gerichts zunächst während einer Autofahrt seine frühere Freundin bedroht und mit der Tötung von Menschen gedroht. Er habe sie zu dem Geständnis zwingen wollen, dass sie ihn mit einem anderen Mann betrogen habe.
Um ein „Exempel zu statuieren“
Zwei Tage danach habe er in der Nacht zum 28. Februar in Berlin-Friedrichshain einen völlig fremden Passanten verfolgt und attackiert - um seiner Ex-Freundin gegenüber ein „Exempel zu statuieren und um zu prüfen, was er bei der Tötung eines Menschen empfinde“, so die Anklage. Dem 52-Jährigen habe er von hinten ein Küchenmesser in den Nacken gestochen, den Verletzten dann massiv getreten. Der Angeklagte sei davon ausgegangen, den Mann getötet zu haben.
Danach fuhr der zuletzt arbeitslose Elektroniker zurück nach Niedersachsen, nahm in seiner Wohnung ein Bekennervideo auf und stellte es ins Internet. Er habe bei dem Angriff „nichts empfunden“, sagte der 25-Jährige vor laufender Kamera. Weil das Video aber aus seiner Sicht zu wenig beachtet wurde, nahm er laut Urteil im Rathaus seiner Heimatgemeinde Sehnde am Südostrand der Region Hannover bewaffnet mit einem Messer eine Frau als Geisel. Die 57-jährige Angestellte habe Todesangst verspürt. Polizisten hatten den 25-Jährigen im Rathaus schnell festnehmen können.
Sein Handeln trage Züge von Mordlust
Das Gericht ging im Fall des Messerangriffs von Heimtücke und niedrigen Beweggründen aus. „Der Mann war arglos, er hatte keine Chance“, so der Richter. Der Angeklagte habe einen Menschen angegriffen, „der mit seinen Problemen nichts zu tun hatte“. Sein Handeln trage Züge von Mordlust, er habe vor den Taten angekündigt, als Serienmörder tätig zu werden.
Mit dem Urteil folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwältin. Der Angeklagte habe aus ich-bezogenen Gründen einen „Feldzug“ begonnen, sagte sie in ihrem Plädoyer. Einen „teuflischen Plan“ habe er umsetzen und einen „Blutrausch“ erleben wollen.
Der Verteidiger forderte einen Schuldspruch wegen versuchten Totschlags und Freiheitsberaubung. Sein Mandant habe den Fußgänger spontan aus Wut über Äußerungen attackiert, die er fälschlicherweise auf sich bezogen habe. Der Anwalt beantragte eine Strafe von insgesamt maximal fünf Jahren und vier Monaten Haft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.