Amokfahrt in Münster Münster: Mutmaßlicher Täter soll bereits Suizidversuche unternommen haben

Münster - Der Anschlag in der belebten Altstadt von Münster unweit des Doms hat offenbar keinen islamistischen oder anderweitigen terroristischen Hintergrund. Ein 49-Jähriger war am Samstagnachmittag um 15.27 Uhr mit einem Kleinlaster in die Menschenmenge vor dem Traditionslokal „Großer Kiepenkerl“ am Spiekerhof gerast, hatte zwei Menschen getötet und 20 zum Teil schwer verletzt. Anschließend tötete er sich selbst. Von den Schwerverletzten schwebten am Sonntagmorgen zwei noch in Lebensgefahr.
Nach Informationen aus Sicherheitskreisen ist der mutmaßliche Täter ein Deutscher ohne Migrationshintergrund, der 1969 im Sauerland geboren wurde. Jens R. soll mehrfach psychisch auffällig gewesen sein und hatte offenbar zuvor bereits einen Suizidversuch unternommen haben. In seinem Freundeskreis soll es rechtsextreme Tendenzen gegeben haben, er selbst sei aber nicht als Rechtsextremer auffällig geworden sein. Die Wohnung des Täters in Münster wurde noch am Abend von Sicherheitskräften durchsucht.
Altstadt nach Amokfahrt weiträumig abgesperrt
Die Polizei hatte die Altstadt von Münster nach der Amokfahrt weiträumig abgesperrt. In dem Camping-Kleinlaster wurde ein verdächtiger Gegenstand vermutet, das Fahrzeug wurde von Spezialisten des Landeskriminalamts untersucht. Anwohner rund um das Traditionslokal „Großer Kiepenkerl“ mussten ihre Häuser verlassen, rund 20 von ihnen verbringen den Abend im nahegelegenen Stadttheater und können in der Nacht wohl nicht mehr in ihre Wohnungen zurückkehren. Im Stadttheater wurden sie von Psychologen betreut. Gegen 22 Uhr hieß es, die Polizei vermute einen verdächtigen Gegenstand im Täterfahrzeug, der jetzt gesichert werden müsse. Das könne bis in die Nacht dauern.
Offenbar falsch scheinen erste Hinweise, dass neben dem mutmaßlichen Täter Jens R. zwei weitere Männer im Fahrzeug gesessen haben, wie Zeugen kurz nach dem Anschlag berichteten. Sie hatten ausgesagt, dass die Männer geflüchtet seien.
Augenzeuge Daniel Funke-Kaiser wohnt 50 Meter entfernt vom Tatort und muss mit seiner Freundin die Nacht in der Anlaufstelle im Stadttheater verbringen. „Zunächst habe ich nichts mitbekommen, dann bin ich ans Fenster und habe die Krankenwagen vorfahren sehen“, sagte Kaiser: „Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn so ein Anschlag direkt vor der eigenen Haustür passiert. Bisher schien das so weit weg, auch wenn es mit dem Anschlag von Berlin näher gekommen ist. Die Polizei hat sehr besonnen reagiert.“
Am Nachmittag war zunächst von vier Toten die Rede. NRW-Innenminister Herbert Reul bestätigte am Abend dann, dass es sich einschließlich des Täters um drei Tote handelt. „Der Täter ist nach jetzigem Stand der Ermittlungen ein deutscher Staatsbürger gewesen und nicht, wie schon überall behauptet wurde, ein Flüchtling oder ähnliches. Es muss abgewartet werden, aber derzeit spricht nichts für einen islamistischen Hintergrund.“ Für sorgfältige Ermittlungen brauche man Zeit. „Wichtig ist, dass am Ende die Ergebnisse stimmen.“
Lob an Notfallseelsorger
Münster Oberbürgermeister Markus Lewer (CDU) sagte, die Stadt trauere um die Toten und wünsche den Verletzten baldige Genesung. „Unser Mitgefühl liegt bei den Angehörigen.“ Münster sei eine junge und friedvolle Stadt, man werde die Folgen der Tat gemeinsam in den Griff bekommen. Münsters Bischof Felix Genn reagierte mit Entsetzen auf die Kleintransporter-Attacke in seiner Stadt reagiert. „Ich bin zutiefst erschüttert und fassungslos. Wir hatten heute in Münster wie in ganz Deutschland den ersten Frühlingstag, die Menschen haben das herrliche Wetter genossen - und dann geschieht so etwas.“
Genn mahnte bei der Bewertung des Vorfalls zur Vorsicht: Die genauen Hintergründe seien noch nicht bekannt. „Doch davon unabhängig gilt: Das, was geschehen ist, ist schrecklich - in meinen Gedanken und Gebeten bin ich bei den Opfern und ihren Familien.“ Genn lud alle Menschen in seinem Bistum ein, sich miteinander im Gebet für die Opfer zu verbinden. Am Sonntag soll der Gottesdienst um 19.30 Uhr im Dom im Zeichen der Opfer der Amokfahrt stehen. „Mein ausdrücklicher Dank gilt schon jetzt den Einsatzkräften der Polizei und auch den Notfallseelsorgern. Was sie gerade leisten, verdient höchsten Respekt“.
Menschen gehen Blut spenden
Einem Aufruf des Universitätsklinikums Münster zu Blutspenden folgten binnen kürzester Zeit derart viele Bürger, dass die Klinik ihn nach wenigen Stunden wegen des Andrangs zurücknehmen musste. Am Sonntag will die Polizei in einer Pressekonferenz weitere Einzelheiten zur Amokfahrt bekanntgeben.
Die Bevölkerung in Münster reagierte mit Besonnenheit auf die Amokfahrt. Viel Lob gab es in den sozialen Netzwerken für die Polizei, sie habe sich sehr umsichtig verhalten. Am Abend twitterten die Mitarbeiter des Traditionslokals „Großer Kiepenkerl“, dass von ihrer Belegschaft niemand verletzt oder getötet worden sei. Darüber sei man sehr erleichtert.