München München: Was Oktoberfest-Besucher alles verlieren

München/ddp. - Linda gehört zur Mehrheit der Suchenden: Nur ein knappesViertel der verloren gegangenen Gegenstände findet im Wiesn-Fundbürozurück zu den Besitzern. Täglich werden Charles Reinbold, der seit 16Jahren im Fundbüro arbeitet, und seine Kollegen allein 200 Mal nachHandys gefragt. «So viele werden bei uns während des ganzenOktoberfestes nicht abgegeben», sagt Reinbold. Mobiltelefone,Notebooks und andere wertvolle Gegenstände würden oft geklaut undblieben damit meist für immer verschwunden.
In den Metallschränken des Fundbüros hängen vor allemTrachtenjanker, Winterjacken, Handtaschen und dazwischen auch mal dieeine oder andere Lederhose. «Unser schönster Neuzugang stammt vonSuperman persönlich», sagt Reinbold und zeigt auf einen blau-rotenGanzkörperanzug - ein komplettes Supermankostüm.
Das aufregendste «Fundstück» der bisherigen Wiesn-Saison istmittlerweile wohlbehalten bei seinem Besitzer gelandet: Rauhaardackel«Wasti» wurde am Freitag vergangener Woche nachmittags im Fundbüroabgegeben. Bis zum Abend hielt Mitarbeiterin Anna Schimmelpfennig denherrenlosen Hund mit Weißwurst und Hundeleckerli bei Laune. Um 20.00Uhr brachte ihn die Polizei ins Tierheim München-Riem.Schimmelpfennig hatte den Hund so lieb gewonnen, dass sie täglich imTierheim anrief und so erfuhr, dass sein Besitzer «Wasti» am Sonntagzurück nach Hause geholt hatte.
Die Wiesn-Besucher verlieren dieses Jahr deutlich mehr als imVorjahr. Etwa 3000 Gegenstände wurden bislang abgegeben, schätzt dieLeiterin des Münchner Fundbüros, Sabine Eisenhauer. Das sind fast 30Prozent mehr als 2007. Dennoch geht es in dieser Saison besondersruhig zu. «Bislang wurde noch keiner handgreiflich - das kommt sonstschon vor», berichtet Reinbold. Und noch etwas ist anders: DiesesJahr wurde noch keine einzige Zahnprothese abgegeben. In denvergangenen Jahren waren es manchmal bis zu sieben Stück. Reinboldhat dafür schon eine Erklärung parat: «Die Leute werden eben immergesünder und verlieren ihre Zähne nicht mehr beim Ochsenessen.»
Einem jungen Mann in Lederhosen schiebt er eine Geldbörse über denTresen. «Hier ist auch die Telefonnummer des Finders, bitte rufen Sieihn an.» Finder, die das wünschen, können ihre Telefonnummer undAdresse beim Fundbüro hinterlegen. Ihnen steht ein gesetzlichfestgeschriebener Finderlohn zu. Den hat der Besitzer desGegenstandes zu entrichten, außerdem muss er an das Münchner Fundbüroeine Bearbeitungspauschale entrichten, die je nach Wert desGegenstandes zwischen 3 und 100 Euro liegt. Die meisten fündigGewordenen zahlen den Betrag gerne.
Eine Australierin fällt einem Kollegen Reinbolds um den Hals,glücklich über ihren Tourenrucksack, den der ihr umständlich über denTresen reicht. Für jedes Objekt wird eine Karteikarte angelegt, aufder verzeichnet ist, wo, von wem und wann es gefunden wurde. In denKarteikästen kann auch nach dem Ende der Wiesn noch gesucht werden:Den ganzen Oktober über bleiben Büro und Magazin im Gebäude derFestleitung hinterm Schottenhamelzelt besetzt. Danach ziehen Reinboldund seine Kollegen samt den Fundstücken zurück ins zentrale MünchnerFundbüro. Drei Monate liegen alle Gegenstände dort, bevor sieversteigert werden. Einigen Wiesn-Besuchern ist das nicht lang genug.«So mancher kommt erst ein Jahr später zur Wiesn wieder», erzähltReinbold, «und verlangt seinen Janker aus dem letzten Jahr.»
