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Mordfall Jennifer Mordfall Jennifer: Angeklagter weist alle Vorwürfe zurück

07.05.2003, 15:08
Die Nebenklägerin und Mutter von Jennifer H., Jenny H., sitzt am Mittwoch (07.05.2003) im Landgericht Kiel. (Foto: dpa)
Die Nebenklägerin und Mutter von Jennifer H., Jenny H., sitzt am Mittwoch (07.05.2003) im Landgericht Kiel. (Foto: dpa) Pool

Kiel/dpa. - Zum Prozessauftakt um den Sexualmord an der 16- jährigen Jennifer hat der Angeklagte am Mittwoch vor dem Kieler Landgericht jede Schuld von sich gewiesen. Der mehrfach vorbestrafte 37-Jährige aus Neumünster erklärte in der fast vierstündigen Vernehmung, er sei zum Todeszeitpunkt des Mädchens betrunken gewesen. «Ich habe mich gepflegt übergeben», sagte der arbeitslose Mann. Laut Anklage soll der Mann das Mädchen aus sexuellen Motiven angegriffen haben, auf ein leeres Grundstück neben einer Hauptstraße gezerrt und «mit stumpfer Gewalteinwirkung gegen den Hals» getötet haben.

Nach seiner Schilderung suchte der Angeklagte in der fraglichen Nacht mit dem Fahrrad in Neumünster unter anderem Bekannte und eine Kneipe sowie mehrmals einen Tankstellen-Shop auf. Zu dem von der Staatsanwaltschaft angenommenen Todeszeitpunkt des Mädchens habe er an Übelkeit gelitten. Die Staatsanwaltschaft wirf ihm dagegen vor, das Mädchen aus sexuellen Motiven angegriffen zu haben.

Wie Staatsanwalt Kuno Fischer bei der Verlesung der Anklage sagte, habe der Mann das junge Mädchen nahezu vollständig entkleidet und «sexuell nicht näher feststellbare Handlungen» vorgenommen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte der 16- Jährigen in der Nacht zum 21. September zufällig in der Nähe des Neumünsteraner Stadtzentrums begegnet war. Jennifer war erst kurz vor ihrem Tod von der Ostseeinsel Rügen nach Neumünster gekommen, um hier eine Lehre zu machen.

Die Leiche von Jennifer, deren Mutter am Prozess als Nebenklägerin teilnimmt, war erst nach einer Woche gefunden worden. Die Staatsanwaltschaft stützt ihren Mord-Vorwurf im Kern auf eine kriminaltechnische Untersuchung von Faserspuren. Einzelheiten des Gutachtens wurden bislang nicht bekannt gegeben.

Der wegen zweifacher Vergewaltigung vorbestrafte Angeklagte räumte in seiner Vernehmung ein, dass er in der fraglichen Nacht mehrmals vergeblich versucht habe, zunächst Kontakt zu seiner Ex- Lebensgefährtin und dann Verbindung zu einer Prostituierten aufzunehmen. Nach den Ermittlungen der Mordkommission hatte er allein die Nummer der Prostituierten insgesamt acht Mal vergeblich gewählt. Anschließend weist das sichergestellte Verbindungs-Protokoll seines Mobiltelefons eine Pause von knapp 45 Minuten auf.

Nach Überzeugung der Anklage kam es in dieser Zeit zu dem tödlichen Überfall auf die Auszubildende, die sich nach einem Treffen mit einer Freundin auf dem Heimweg befand. Der Angeklagte hingegen beteuerte vor den Richtern, in genau dieser Zeit knapp einen Kilometer vom Tatort entfernt gewesen zu sein.

Zu Prozessbeginn hatte der Angeklagte geschildert, wie er in Neumünster mit insgesamt neun Geschwistern und Halbgeschwistern aufwuchs und ohne Schulabschluss als 17-jähriger das Elternhaus verließ. Später lebte er unter anderem in einer Jugendeinrichtung eines ehemaligen Neumünsteraner Amtsrichters, der sich wegen verschiedener Delikte bereits seit vier Jahren ebenfalls vor dem Kieler Landgericht verantworten muss. Bis zu seiner Verhaftung absolvierte der 37-Jährige eine Umschulung zum Berufskraftfahrer.

Für den Prozess hat das Landgericht vorerst sieben weitere Verhandlungstage vorgesehen.

Michael H., der Vater der im September vergangenen Jahres ermordeten Jennifer H., begibt sich am Mittwoch (07.05.2003) im Kieler Landgericht in den Verhandlungssaal. (Foto: dpa)
Michael H., der Vater der im September vergangenen Jahres ermordeten Jennifer H., begibt sich am Mittwoch (07.05.2003) im Kieler Landgericht in den Verhandlungssaal. (Foto: dpa)
dpa