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Miss Germany Miss Germany: Das Ende eines Traumes

Von UWE NIEDERDRÄING 25.02.2013, 18:20
Die drei Erstplatzierten bei der Wahl zur „Miss Germany 2013“.
Die drei Erstplatzierten bei der Wahl zur „Miss Germany 2013“. dpa Lizenz

RUST/DPA - Es ist der große Finaltag. Der Tag, an dem 23 Träume von der Miss Germany platzen und nur eine Kandidatin sich bei dem bekanntesten Schönheitswettbewerb Deutschlands durchsetzen kann. Dieses Jahr heißt die Siegerin Caroline Noeding, Mathematik- und Spanischstudentin aus Niedersachsen. Auch Platz 2 und 3 kommen aus dem hohen Norden. Miss Hamburg, Jule Walkowiak wird Vize Miss Germany und Miss Norddeutschland, Sifa Cakre , belegt den dritten Platz. Für Juliane Seyffert, die Miss Sachsen-Anhalt, bleibt kein Platz auf dem Treppchen, nicht einmal ein Platz unter den erhofften Top 8 ist es geworden. Für viele der Kandidatinnen ein bitterer Moment. Backstage fließen Tränen.

Juliane weint nicht. Sie nimmt sich einen Stuhl und sieht sich den Rest der Show an: Traurig, aber gelassen. Jetzt ist der Moment gekommen, in dem Juliane über die letzten Tage dieser abenteuerlichen drei Wochen nachdenken kann.

„Ich möchte schon weinen. Aber nur deshalb, weil es so schade ist, das alles vorbei ist. Montag muss ich wieder in die Arbeit gehen, der Alltag geht knallhart wieder los, kein Urlaub und keine Zeit zum Zurückschauen. Ich bin nicht neidisch, ich gönne Caroline den Sieg, man kann mit ihr großartig lachen; aber ehrlich gesagt, um das schöne Auto ist es schon schade. Ich habe ja kein eigenes…“

Juliane seufzt. Die Aftershow-Party verbringt sie mit ihren Eltern und denjenigen Miss-Germany-Kandidatinnen, denen das Lachen auch noch nicht vergangen ist. Nie wieder High Heels, kann man von einigen Damen hören. Kein Wunder nach den harten Trainingseinheiten der letzten Tage. Zwölf Stunden am Stück laufen, proben und wieder laufen. Juliane meint, sie sei „geboren in High Heels“ und dass ihr dieser Teil der Übungen am wenigsten ausmachen würde. Aber die Länge der Übungseinheiten wäre hingegen die große Herausforderung gewesen.

Die letztjährige Miss Bayern, Christina, die diesmal als Helferin dabei ist, erinnert sich:

„Als ich den Damen Anfang letzter Woche gesagt habe, es wird hart werden, da meinten alle: Ach was, bis jetzt war es doch ein Kinderspiel! Da ist mir eingefallen, dass die wirklich harten Tage ja die am Ende der Woche, kurz vor dem Finale sind. Nach denen hat keiner mehr das Ganze zu locker genommen.“

Aber der Finaltag unterscheidet sich von den harten Probentagen zuvor. Am Morgen eine letzte Probe. Danach stundenlanges Schminken,. Haare mit Lockenwicklern versehen, Make-Up. Starfriseur Franceck legt persönlich mit Hand an. Vielelicht eine Glückshand, denn er frisiert auch die spätere Siegerin. Julianes voluminöse Haare wirken noch prächtiger. Danach warten, Interviews, Aufnahmen. Die Presse ist massiv vertreten. Nach der Krönung werden an die hundert Journalisten auf die Bühne stürmen, die Security im Dome im Europapark kann sie nur mühsam zurückhalten. Aber bis dahin ist noch Zeit.

Erst einmal wird um 18 Uhr der Abend eröffnet und die Gäste, Sponsoren, Privatgäste, Familien, die sich die Tickets leisten konnten, werden von einer Show mit Tanz, Musik und Akrobatik begeistert, dazwischen ein mehrgängiges Sternemenü. Erst um 20 Uhr haben die Miss-Germany-Finalistinnen ihr Opening. Per Livstream wird die Gala übertragen. Zum Opening hat sich Choreograph Jens Dolecki ein Highlight einfallen lassen, sein „Kronjuwel“ wie er sagt: Handschuhe, die in der Dunkelheit leuchten, erzeugen einen Wirbelwind an Farben. Danach können sich die Kandidatinnen vorstellen; eine bekannte Routine bei allen Misswahlen. Startnummer 8 ist Juliane.

Noch wenige Minuten vor der Gala hat Juliane einen totalen Blackout, meint, alles vergessen zu haben. Aber als die Show beginnt, gehen alle Kandidatinnen schlafwandlerisch sicher über die Bühne. Es gibt keine besonderen Zwischenfälle. Als Beobachter hat man das Gefühl, dass die Siegerin mit überwältigender Klarheit feststeht. Die Jury ist bereits in der Pause überzeugt, versucht aber, fair zu bleiben und spricht nicht miteinander: Keine Beeinflussung lautet das Motto. Schönheitspapst Professor Mang kann sich kaum zurückhalten. Auf die Nummer 17 angesprochen, stellt er fest.

„Sie hat das richtige auftreten und sehr schöne Proportionen. An dem Gesicht kann ich auch nichts mehr verbessern. Mit meinem Tipp liege ich eigentlich immer richtig.“

Selbst das Publikum steht zu Caroline aus Hannover. Deutlicher Applaus bei ihren Auftritten. Ein Hauch von Claudia Schiffer mit einer offenen Persönlichkeit, die an die letztjährige Siegerin erinnert. Die Bademodenschau ist eher verhüllt und zurückhaltend, wie in den Jahren zuvor auch. Man ist versucht, eine gewisse Prüderie und Vorsicht in die Auftritte hineinzulesen. Anscheinend will man den Sexismus-Vorwurf um jeden Preis entkräften. Um zu einem gerechten Urteil im Bezug auf die individuelle Figur kommen zu können, ist aber das übergeworfene Hemd über dem Bikini nicht die beste Wahl.

Dann die Endrunde: Die Finalistinnen müssen sich in Sechsergruppen aufstellen. Jeweils zwei werden aufgerufen für das Finale, die anderen müssen gehen. So lautet das undankbare Procedere. Auch Juliane trifft es. Jetzt heißt es, einen würdevollen Abgang zu machen.
Aber es kann eben nur eine Miss Germany werden. Caroline, die in en ersten Tagen über den Verlust ihres Hundes hinwegkommen musste und die auch nicht immer die Definition von Konzentration und Pünktlichkeit ist, zeigt aber, dass ihre Stärken ein paar charmante Mängel turmhoch übertreffen. Bei der anschließenden Pressekonferenz läuft sie zur Höchstform auf, erzählt fast schon tiefgreifend über den deutsch-südamerikanischen Auswandererhintergrund ihrer Familie, soziale Projekte, Mathematik, das Leben an sich. Der Seniorchef der Miss Germany Corporation kann Caroline kaum bremsen, neben ihr wirken selbst alte PR-Profis wie Europapark-Direktor Mack blass. Von Caroline wird man noch hören.

Für Juliane geht es direkt zur Aftershow-Party, wo die neue Missen-Hymne „Miss Germany“ des sehr menschlichen und unprätentiösen Sängers Gee Road hämmert. Juliane meint:

„Ich habe bis zuletzt gehofft, dass ich vielleicht doch noch aufgerufen werde. Die Top 8 hatte ich mir schon vorgenommen. Jetzt ist der schöne Traum vorbei. Ob ich noch mal teilnehme an Misswahlen weiß ich nicht; vielleicht in ein paar Jahren. Zumindest durch die leidige Po-Affäre bin ich ja etwas bekannter geworden, wer weiß, ob ich daraus noch mal etwas mache.“

Juliane lacht wieder. Ob das nur ein Scherz war, will sie nicht verraten.

Juliane Seyffert in der Maske vor der Wahl zur Miss Germany.
Juliane Seyffert in der Maske vor der Wahl zur Miss Germany.
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