Mike Krüger wird 65 Jahre alt Mike Krüger wird 65 Jahre alt: Immer der Nase nach

Köln - Nippel, Bodo, Walther. Bei einem großen Prozentsatz der Deutschen klickt es bei diesen Stichwörtern. „Den Nippel durch die Lasche ziehen“. „Bodo mit dem Bagger“ und klar: „Mein Gott, Walther“. Die auf der Gitarre geschrammelten Einfachstmelodien und die kalauernden bis sinnfreien Texte, die sich in das Gedächtnis eingegraben haben, haben wir Mike Krüger zu verdanken, der an diesem Mittwoch 65 Jahre alt wird.
Star sei er eigentlich nur aus Versehen geworden. Und mit viel Glück: „Ich habe Schallplatten gemacht, als es noch Vinyl-Schallplatten gab, ich war im Kino dabei, als in Deutschland gerade die Kino-Komödie neu startete, und ich war dabei, als das Privatfernsehen anfing“, sagte er einmal der „FAZ“.
Die Zeiten sind längst vorbei. Zuletzt machte Mike Krüger mit einem ganz anderen Thema Schlagzeilen. In seiner Biografie „Mein Gott, Walther – Das Leben ist oft Plan B“ erzählt er von traumatischen Erlebnissen in seiner Kindheit. Schon der Start war problematisch. Er kam zwei Monate zu früh zur Welt, war zunächst halbseitig gelähmt und lag ein halbes Jahr im Brutkasten.
Seine Mutter starb, als er drei Jahre alt war, in einem Pariser Hotelzimmer – unter ungeklärten Umständen. So stand es in ihrem Totenschein, den Mike Krüger erst später in den Unterlagen seines Vaters fand, als dieser verstorben war. Zeit seines Lebens hatte er mit dem Vater nie über den Schicksalsschlag sprechen können. Der Vater war als Geschäftsführer einer Wohnungsbaugesellschaft fast nie zu Hause.
Der Sohn lebte mit Stiefmutter und Stiefschwester zusammen, zu denen er kein gutes Verhältnis hatte. Wegen nachlassender Schulnoten wurde er schließlich ins Internat geschickt. „Da fühlte ich mich wie weggesperrt.“ 42 Jungen in einem Schlafsaal. „Ich war der Kleinste und hatte das Problem, in der Hierarchie ganz unten zu stehen. Deshalb musste ich aufpassen, einigermaßen heil durch den Tag zu kommen.“ Er sah damals nur zwei Möglichkeiten: mitprügeln oder alles mit Humor überstehen. Er wählte den Humor. „Ich habe versucht, mit merkwürdigen Aktionen und Scherzen über meine nicht so guten Noten hinwegzutäuschen. Das hat mal geklappt und mal auch nicht. Aber es hat mir schon in meinem Leben geholfen, Schwächen oder Ängste durch Comedy zu überspielen.“
Der Beginn des Blödelzeitalters
Krüger traf den Zeitgeist. Die ernst-engagierten 68er waren vorbei, jetzt begann das Blödelzeitalter, ohne schlechtes Gewissen. Das Fernsehen und besonders Showmaster Rudi Carrell brachten Mike Krüger 1975 den Durchbruch. Carrell lud ihn in seine Samstagabendshow „Am laufenden Band“ ein. Krüger sang „Mein Gott, Walther“, 22 Millionen schauten zu, und Carrell empfahl ihm: „Mach weiter solche lustigen Lieder, dann könnte aus dir vielleicht sogar mal was werden.“
Wurde es. Mit dem „Nippel“ hatte Krüger 1980 seinen größten Hit. Er geriet in einen wahren Erfolgsstrudel – mit allen Auswüchsen. Reichlich Alkohol sei damals auf Tourneen geflossen, stets wurde die gesamte Minibar im Hotelzimmer geleert.
In den 80ern stieg er dann auch ins Filmgeschäft ein. Mit Thomas Gottschalk spielte er in den ungeheuer erfolgreichen, aber extrem klamottigen „Supernasen“-Filmen. Im TV präsentierte er von 1986 bis 1989 die Samstagabendshow „Vier gegen Willi“, später folgten etwa „Verlieren Sie Millionen“, „Krüger sieht alles“ und „7 Tage, 7 Köpfe“. Alles Krüger oder was?
Werbefigur im Fernsehen
So mancher hätte da womöglich den Boden unter den Füßen verloren. „Wenn man da keinen hat, der einen einnordet, wie es meine Frau bei mir schon von Anfang an getan hat, dann kann man leicht entgleiten“, sagt Krüger. Birgit lernte er kennen, als er 18 und sie 15 Jahre alt war. Seitdem sind sie zusammen.
Irgendwann war der Supernasen-Hype vorbei und junge, oft vielseitigere Comedians überholten den alten Recken. Es wurde stiller um Krüger. Präsent war er im Fernsehen nur noch als Werbefigur: für Kaffee, für eine Baumarkt-Kette. Einem Fanclub, der in einer Petition einen neuen Supernasen-Film fordert, antwortete das Management, dass derzeit keine geeigneten Drehbücher vorlägen.
Ob er denn überhaupt noch arbeiten müsse, wurde Krüger vor einiger Zeit gefragt. „Da müsste ich meine Frau fragen. Vermutlich sagt sie dann: Musst du nicht mehr.“