1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Medien: Medien: Mainzelmännchen als Manga-Monster

Medien Medien: Mainzelmännchen als Manga-Monster

Von Britta Schmeis 26.01.2004, 07:15
So sehen die neuen Mainzelmännchen aus: Berti, (v.l.) Anton, Det, Fritzchen, Conni und Edi. (Foto: dpa)
So sehen die neuen Mainzelmännchen aus: Berti, (v.l.) Anton, Det, Fritzchen, Conni und Edi. (Foto: dpa) dpa

Frankfurt/Main/Mainz/dpa. - Als das Mainzelmännchen zur elektrischen Zahnbürste griff und ihm daraufhin alle Zähne ausfielen, war für den Frankfurter Marco Corzani Schluss mit lustig. «Diese neuen Figuren haben ihren Charakter verloren, sind kaum wieder zuerkennen, Furcht einflößend und erschrecken viele Kindern», empörte sich der Internetdesigner. Flugs rief er im weltweiten Netz zum Aufstand auf. Das war Anfang Dezember. Mittlerweile haben mehr als 12 000 Bundesbürger ihrem Ärger über die neuen ZDF-Mützenträger auf der Internetseite www.helftdenmainzelmaennchen.de Luft gemacht.

«Comicschwachsinn», «Manga-Monster» und «seelenlose 08/15-Figuren» lauten die Kommentare auf der Internetseite. Wolfgang R. aus Frankfurt erbost sich: «Sind wir hier bei RTL2? Strengen Sie sich doch ein bisschen an!», Renate A. aus dem rheinland-pfälzischen Gau- Odernheim schreibt: «Da hilf nur wegzappen!», und Uwe aus Fronhofen meint: «Wenn man die Mainzelmännchen wegen des Alters abschafft, kann man ja gleich das ZDF abschaffen.» Der Mainzer Sender will diese Kritik «nicht überbewerten».

«Wir mussten die Figuren modernisieren, sie der heutigen Zeit anpassen», sagt der ZDF-Pressesprecher Walter Kehr. An den Charakteren habe sich nichts geändert. Der schlaue Det sei immer noch der Besserwisser und Fritzchen immer noch der Sportliche. Zum 40. Geburtstag der Mainzelmännchen hatte das ZDF die Figuren im Dezember im neuen Outfit und mit modernen Accessoires auf die Bildschirme geschickt. Statt Tennisschläger und Trompete halten sie nun Laptop, Handy und Rennrad in den Händen. Die Spitzdachhäuser sind einem modernen Loft gewichen. Und statt Regenwolken mit Lassos einzufangen, verschicken sie SMS. Sogar fast nackt unter der Dusche tauchen die einst so harmlosen Mainzelmännchen zwischen den Werbespots auf den Bildschirmen auf.

Doch nicht nur Geschichten und Accessoires haben sich dem 21. Jahrhundert angepasst, auch die Zeichenart ist auf die Linienführung der zeitgenössischen Comics abgestimmt. «Die Neuen sind peppiger und grafischer als die Alten», sagt der Chefzeichner des Wiesbadener Animationsstudio NFP, Titus König. Seit den Anfängen der Kultfiguren haucht er ihnen Leben ein. Einst glichen die fleißigen Männer Illustrationen mit kleinen Details wie Hosenfalten und einzelne Haarsträhnen. «Heute sind die Figuren viel flächiger und plakativer», sagt König. Das mache es schwieriger, die Figuren in den kurzen Spots dreidimensional erscheinen zu lassen.

Der Frankfurter Designer Rüdiger Goetz, der mit seiner Agentur die neuen Männchen entwickelt hat, sieht den Relaunch vor allem unter strategischen Aspekten. «Wir mussten die Figuren dem gesamten Erscheinungsbild des ZDF anpassen», sagt Goetz. «Corporate Design» heißt das in der Werber-Sprache. Sein Team habe die Mainzelmännchen so angelegt, dass sie eine «Haltbarkeit von 10 bis 15 Jahren» haben. «Die Figuren, wie sie bei ihrer Entstehung 1964 aussahen, würde sich heute schließlich keiner mehr ansehen.»

Viele Zuschauer lassen diese Argumente allerdings völlig kalt. Ihre einzige Forderung lautet: «Gebt uns unsere alten Mainzelmännchen wieder.» Die Macher auf dem Mainzer Lerchenberg nehmen es gelassen: «Es regen sich nur die auf, die an Altbewährtem festhalten wollen», ist Kehr überzeugt und verweist auf die «Wetten, dass...?»-Sendungen. «Da rufen jedes Mal tausende Zuschauer bei uns an und beschweren sich über irgendetwas.»

Selbst Beschwerden aufgebrachter Zuschauer, die auf den Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Senders pochen und die «GEZ-Strafgebühren» anbringen, will Kehr «nicht überbewerten». Einen Rückzieher trotz tausendfacher Bitten schließt das ZDF aus. Die Kritik von Protest-Organisator Corzani, das Fernsehpublikum hätte bei der Neuauflage der Kultfiguren mitbestimmen sollen, schmettert der ZDF-Mann als «illusorisch und nicht realisierbar» ab. Unlängst bei der Suche nach «Unseren Besten» ließ der Sender allerdings gerne die Zuschauer per Ted abstimmen und erzielte damit Traumquoten.