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Organisierte Kriminalität Masche „Love Scamming“: Prozess gegen nigerianische Mafia

Eine Beziehung vortäuschen, um an Geld zu kommen: Vor allem mit dieser Masche soll die sogenannte „Black Axe“-Bruderschaft abkassieren. In München stehen nun zwölf mutmaßliche Mitglieder vor Gericht.

Von Britta Schultejans, dpa Aktualisiert: 07.04.2025, 14:32
Einer der Angeklagten wird in den Gerichtssaal geführt - insgesamt sind zwölf Männer angeklagt.
Einer der Angeklagten wird in den Gerichtssaal geführt - insgesamt sind zwölf Männer angeklagt. Peter Kneffel/dpa

München - Liebesbetrug, Geldwäsche - und Männer, die sich „Chef-Priester“ oder „Schlachter“ nennen: Vor dem Landgericht München I hat der nach Ermittler-Angaben deutschlandweit erste große Prozess gegen die nigerianische Mafia begonnen. 

Die Staatsanwaltschaft hat zwölf mutmaßliche Mitglieder angeklagt, darunter den Mann, den die Behörden für den Deutschland-Chef der Vereinigung halten. Sie wirft den Männern im Alter zwischen 33 und 54 Jahren die Bildung krimineller Organisationen vor. Nahezu alle Angeklagten schwiegen zu Prozessbeginn zu den Vorwürfen, nur einer gab über seine Anwälte an, sie zu bestreiten. 

Masche „Love Scamming“: 235.000 Euro für Liebesbetrüger

Vor allem mit der Betrugsmasche des sogenannten Love Scammings, bei denen Opfern eine Liebesbeziehung vorgegaukelt und um Geld gebeten wird, soll die sogenannte „Black Axe“-Bruderschaft viel Geld verdienen. In dem Münchner Prozess geht es um Dutzende Fälle. Rund 235.000 Euro soll allein eine Frau gezahlt haben, die mit einer angeblichen Liebesbeziehung getäuscht wurde. 

Betrüger geben sich in solchen Fällen als jemand aus, den es gar nicht gibt - beispielsweise als „ein in Syrien stationierter Soldat namens "Thomas Meyer"“, wie es in der Anklage heißt. 

Im April vergangenen Jahres hatte das bayerische Landeskriminalamt (LKA) den deutschlandweit ersten Schlag gegen die Bruderschaft gemeldet, die außerdem sowohl Geldwäsche betreiben soll als auch die sexuelle Ausbeutung von Frauen, die nach Europa geschleust und dort zur Prostitution gezwungen werden. Das Landgericht München I geht von einer langwierigen Hauptverhandlung aus. Der Prozess soll voraussichtlich bis kurz vor Weihnachten dauern. Das Urteil könnte demnach am 19. Dezember fallen. 

Dass die nigerianische Mafia, deren Mitglieder weltweit auf rund 30.000 geschätzt werden, auch von Deutschland aus verstärkt tätig ist, war bis zur großen Razzia im vergangenen Jahr weitgehend unbekannt. Hierzulande gebe es schätzungsweise eine dreistellige Anzahl an Mitgliedern, teilte das LKA damals mit. 

Das Aufnahmeritual bezeichnet die Staatsanwaltschaft als „gewaltsame Prozedur“, bei dem auch Kokoma eine Rolle spielt, ein rituelles Getränk, das Neu-Mitgliedern dabei verabreicht wird.

Die Mitglieder in der Führungsriege heißen „Head“, also Kopf, „National Chief Priest“, Nationaler Chef-Priester oder „National Butcher“. Der „Nationalschlachter“ ist den Angaben zufolge fürs Grobe zuständig wie die Sanktionierung von Mitgliedern, die gegen die Regeln der Mafia verstoßen. 

Die Ermittler machten Bayern als Schwerpunkt der nigerianischen Mafia aus. Neben Wohnungen wurden nach LKA-Angaben damals auch Asylunterkünfte durchsucht. Nach dem Jahresbericht des bayerischen Verfassungsschutzes für 2023 handelt es sich bei der „Confraternity Black Axe“ um eine von vier mafiaähnlichen nigerianischen Organisationen, deren Mitglieder hauptsächlich in Bayern aktiv sind. Diese „Confraternities“ entstanden in den 1960er und 1970er Jahren ursprünglich aus universitären Bruderschaften. 

Einige der Gruppen hätten sich später aber zu mafiaähnlichen Vereinigungen entwickelt, die weltweit und in Europa vor allem in Italien besonders in den Bereichen Drogenkriminalität, Internetbetrug, Geldwäsche, Menschenhandel und Schleusungen aktiv seien, teilte das LKA damals mit. In Nigeria komme es wegen Konkurrenz untereinander zu gewalttätigen Konflikten zwischen den Gruppen.

Millionenschaden

„Der gesamtvolkswirtschaftliche Schaden, den die "Black Axe" weltweit durch ihre Straftaten begeht, lässt sich schwer beziffern, dürfte jedoch mindestens im Bereich einer dreistelligen Millionensumme liegen“, heißt es in der Anklage der Staatsanwaltschaft. So wurden allein in Irland offenen Informationen zufolge im Rahmen von Ermittlungsverfahren Vermögenswerte in Höhe von 64 Millionen Euro sichergestellt, die größtenteils aus Internetbetrugstaten stammen.“