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Lutz Jahoda Lutz Jahoda: Mit Lust und sehr viel Liebe

Von Steffen Reichert 07.09.2001, 19:04

Wolzig/MZ. - Er hat das immer bedauert. Als später auchsein Freund Eberhard Cohrs, der vielleichtgrößte Komiker des Landes, die DDR verlässt,ahnt Jahoda, dass dies das Ende einer Laufbahnist. "Es gibt Bäume", sagt er mit der Weisheiteines erfahrenen Mannes, "die kann man nichtverpflanzen."

Jahoda bleibt also hier, auch wenn die 60erJahre seine beruflich größte Durststreckewerden. Die Jugend will die Beatles hörenund nicht das Rundfunk-Tanzorchester. DasVolk verlangt den Rock 'n' Roll und nichtden Lipsi. Erst Anfang der 70er, als das Fernsehendie Wohnzimmer erobert, bekommt Jahoda wiederseine Chance. "Mit Lutz und Liebe", eine fürdamalige Verhältnisse revolutionäre Sendereihe,sagt die DDR dem Klassenfeind den Kampf an.Zumindest medial. "50Prozent und mehr hatteich an Einschaltquote", schwelgt der Showmasterin Erinnerungen. "Und das sogar an einem Abend,als Peter Frankenfeld im Westfernsehen zusehen war."

Zuerst verlacht mit seiner Idee, alte Schlagermit neuen Handlungssträngen zu sehen, lehnenjene Künstler ab zu kommen, die sich für wasBesseres halten: Chris Doerk, damals nochFrau von Frank Schöbel, lässt erklären, dasssie "ihren Fans eine Mitwirkung nicht zumuten"könne. Natürlich kommt sie am Ende doch, weiljeder zu Jahoda kommt. Aber auch für den Freiberuflerselbst hagelt es von nun an Aufträge in Hülleund Fülle. Varieté-Auftritte, Pressefeste,Gastspiele bei Betriebsfeiern. Jahoda kannsich aussuchen, was er macht. Seine Sendungstirbt erst, als die DDR die Tantiemenforderungendes Westens nicht länger bezahlen kann.

Und dann irgendwann die Wende. Dass der "Wunschbriefkasten"1990 abgesetzt ist, erfährt er, als die letzteSendung gerade vorbei ist. Dass der SFB mitseiner Radio-Sendung gar nicht kooperierenwill, begreift er viel zu spät. Und dass esAufträge im Westen, wo ihn keiner kennt, nichtgeben wird, das ahnt er zwar, doch glaubtes nicht. Und der Typ, Bittbriefe zu schreibenund bei Intendanten vorzusprechen, ist ernicht. "Wer einmal wie ich ganz oben war,der kann nicht plötzlich mit den Hufen scharren."Jahoda hat geschworen, ehrlich zu sich selbstzu sein. Da ist es geradezu ein Glücksfall,dass ein Bekannter aus dem Westen, den erimmer zur Kur in Karlsbad getroffen hatte,im Osten expandieren will. Eine Jeansladen-Kettein Berlin, wo vielleicht auch Künstler auftretenkönnten? "Ich fand damals, dass das eine primaIdee ist." Sie hat nur einen winzigen Haken:Jahoda lässt sich so lange von Bank und Partnerbeschwatzen, bis er eine Bürgschaft unterschreibt.Doch die "Jeans Farm Blueberry" geht pleite,der Geschäftspartner stirbt. Das einzige,was bleibt, sind die Bankforderungen an Jahoda.

Jetzt hofft er, sie zum Teil aus den Honorarenfür die Mitwirkung an einer Komödie in Dresdenabzahlen zu können. Und ein Buch, an dem dieAutorenrechte bereits verkauft sind, hat erauch geschrieben. "Lutz im Glück und was sonstnoch schief lief" ist das Ergebnis vielerJahre Arbeit. Geschrieben hat er es für seineSöhne.

Zumindest eine gute Seite hat die Pleite.Jahoda kann sich nun, Mitte der 90er, aufdas Berliner Radioprojekt "50plus" konzentrieren.Als Moderator eines Seniorenprogramms wirbter um die Gunst der Hörer. Dass die ergrautenHerrschaften mit ihren alten Radios die UKW-Frequenz105,5 oft gar nicht empfangen können, machtdas Arbeiten nicht leichter.

Aber Jahoda wäre nicht Jahoda, wenn er inder kurzen Zeit, in der der Sender existiert,seine Zielgruppe nicht verwöhnt hätte. Nacheinem Preisrätsel lernt er 1994 eine seinerHörerinnen kennen, die damals 24-jährige Eva.Sie, der größte Peter-Alexander-Fan allerZeiten, gewinnt nicht nur einen Tag mit Lutz,sondern gleich ein ganzes Leben. Die sechsteEhe des Entertainers soll denn auch seineletzte sein. Lutz Jahoda ist sicher, dassdas klappt. Er glaubt ja an die Zahlen: DieBeiden sind genau sieben Jahre verheiratet.