Geschichte Luther-Museen machen Zeit des Bauernkriegs digital erlebbar
Mit einem digitalisierten Rollenspiel wollen die Luther-Museen in Sachsen-Anhalt an die Ereignisse des Bauernkriegs vor 500 Jahren erinnern. Los geht es 2024 in Martin Luthers Sterbehaus in Eisleben.
Wittenberg/Eisleben - Eine interaktive Mitmach-Ausstellung wird im Landkreis Mansfeld-Südharz im kommenden Jahr den Auftakt zum Gedenken an den Bauernkrieg 1524/25 geben. Die Organisatoren der Ausstellung verzichten auf klassische Exponate, sie setzen auf eine zeitgemäße Wissensvermittlung. „Wir nutzen modernste technische Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts, um die Ereignisse und Erfahrungen dieses für die europäische Geschichte bedeutenden Ereignisses in die Gegenwart holen“, sagte Thomas Müller, Direktor der Luther-Museen, der Deutschen Presse-Agentur in Wittenberg.
„In Martin Luthers Sterbehaus in Eisleben entsteht ein Parcours, der die Zeit vor 500 Jahren erlebbar macht. Die Eröffnung ist für Ende Mai 2024 terminiert“, sagte der Historiker. Sowohl in Eisleben als auch in Luthers Elternhaus in Mansfeld geht es darum, Kindern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen die Gelegenheit zu bieten, sich in moderner Form mit dem deutschen Bauernkrieg auseinanderzusetzen und seine Protagonisten kennenzulernen.
„In einem digitalisierten Rollenspiel können Besucher im Sterbehaus als Personen agieren, die tatsächlich damals gelebt haben. Ausgelost wird zu Beginn, ob man als Spieler beispielsweise aufseiten der Unterdrückten als Bauer oder der Herrschenden, zum Beispiel als Äbtissin oder Graf, aktiv wird“, sagte Müller. Wie weit wichtige Entscheidungen der Teilnehmer dann von der aktuellen Situation oder von der sozialen Herkunft beeinflusst sind, soll sich im Verlauf des Spiels ergeben. „So geht es beispielsweise darum, ob man als Bauer ein Kloster überfallen und plündern soll oder man als Graf einen Aufrührer hinrichten lässt oder eben nicht.“
Spannend soll es spätestens dann werden, wenn die interaktiven Lösungen am Spielende mit dem Lebensweg der realen Menschen und deren Entscheidungen von 1524/25 verglichen werden. Für das Projekt kooperieren die Luther-Museen mit Agenturen, die mit ihren game-basierten Ausstellungskonzepten bereits auf sich aufmerksam gemacht haben.
Die Expositionen in Eisleben und Mansfeld, wo vor allem Comics zum Thema Bauernkrieg zu sehen sein werden, sind Teil der sachsen-anhaltischen Landesausstellung, die dezentral auch in Allstedt, Stolberg und Halle vorbereitet wird. In Sachsen-Anhalt stehen die Veranstaltungen zu 500 Jahre Bauernkrieg und zum 500. Todestags Thomas Müntzers unter dem Motto „Gerechtigkeyt“.
Parallel würden entsprechende Veranstaltungen auch im Freistaat Thüringen stattfinden, sagte Müller, der im thüringischen Mühlhausen 16 Jahre lang als Museumsdirektor fungierte und auch Vorsitzender der Thomas-Müntzer-Gesellschaft ist.
Der um 1489 in Stolberg (Landkreis Mansfeld-Südharz) geborene Müntzer gilt als umstrittene Persönlichkeit. „Nach Verteufelung und Instrumentalisierung wird er heute mit mehr Sachlichkeit bewertet“, sagte Müller. Müntzer - namhaftester Anführer der Aufständischen in Mitteldeutschland und nach der blutigen Niederschlagung des thüringischen Bauernheeres am 27. Mai 1525 hingerichtet - wurde in der DDR insbesondere als geistiger Führer einer Volksbewegung gegen das herrschende System gewertet.
Historiker Günter Vogler, Nestor der Müntzer-Forschung, nennt ihn heute „einen umtriebigen Seelsorger und eigenwilligen Theologen, der sich als von Gott gesandter Prophet verstand“ und Reformation und Bauernkrieg als „Zeit der Ernte“ betrachtete, in der sich apokalyptische Erwartungen erfüllten.