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Schock in Lünen Lünen bei Dortmund: Schüler an Gesamtschule getötet

23.01.2018, 11:15
Polizisten und Schüler stehen in Lünen (NRW) auf dem Schulhof der Käthe Kollwitz Gesamtschule.
Polizisten und Schüler stehen in Lünen (NRW) auf dem Schulhof der Käthe Kollwitz Gesamtschule. dpa

Lünen - Es ist kurz nach 8.00 Uhr, in den meisten Räumen der Lüner Käthe-Kollwitz-Gesamtschule wird unterrichtet, als das Unfassbare auf einem der Flure geschieht: ein Streit, ein 14-Jähriger bricht zusammen und stirbt. Sein Mitschüler, ein 15 Jahre alter Junge, ergreift die Flucht und wird wenig später am nahegelegenen Datteln-Hamm-Kanal gefasst. Er soll die Bluttat begangen haben. Völlig unklar blieb lange, was ihn zu der Tat getrieben haben soll und wie das jüngere Opfer starb. Sicher schien aber schnell, dass es sich um eine Einzeltat handelte und nicht um einen Amoklauf. „Das ist, glaube ich, auszuschließen“, sagte der ermittelnde Staatsanwalt Heiko Artkämper.

Nach Polizeiangaben hat der verdächtige 15-Jährige die deutsche Staatsbürgerschaft. Er sei in Deutschland geboren und habe außerdem einen kasachischen Pass. Bei dem getöteten 14-Jährigen handelt es sich demnach ebenfalls um einen Deutschen. Beide sollen Schüler der Gesamtschule gewesen sein.

Nach unbestätigten Aussagen von mehreren Schülern soll der mutmaßliche Messerstecher zuletzt eine Hauptschule besucht haben. Er habe diese aber verlassen müssen und sei am Dienstag zum ersten Mal an der Kollwitz-Schule gewesen, offenbar in Begleitung seiner Mutter.

Tatverdächtiger wird vernommen

Eine Mordkommission übernahm die Ermittlungen.  Der Tatverdächtige sollte noch vor der Obduktion am Nachmittag vernommen werden. „Im Moment laufen die Ermittlungen auf Hochtouren, warum das genau passiert ist, was genau passiert ist“, sagte eine Polizeisprecherin. Am Tatort werde nach Spuren gesucht, Zeugen würden vernommen.

Galt der Angriff einem Lehrer?

Die Polizei prüft zudem Aussagen, nach denen der Angriff am Morgen nicht dem 14-jährigen Schüler gegolten haben könnte, sondern einem Lehrer. Nach Zeugenaussagen soll der 14-Jährige dazwischen gesprungen und dabei die tödlichen Verletzungen erlitten haben. Die Polizei kommentierte das nicht.

Die Polizei sperrte den Tatort ab. Eltern, die ihre Kinder von der Schule abholen wollten, sollten einen Personalausweis mitbringen, erklärte Lünens Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns. Die Schüler seien in der Schule sicher, der Unterricht falle am Dienstag aus.

Bürgermeister ist „tief betroffen“

Lünens Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns hat sich „entsetzt und fassungslos“ gezeigt. „Diese schreckliche Tat macht mich tief betroffen. Unser tiefes Mitgefühl und unsere Anteilnahme gelten der Familie des Opfers“, teilte Frauns auf der Internetseite der Stadt mit.

„Unsere Gedanken sind aber auch auf die Schulgemeinde gerichtet. In diesen schweren Stunden sind wir für sie da. Es gibt keine Worte, die Trost spenden können. Aber wir werden zeigen, dass wir in Lünen in solchen Situationen zusammenstehen“, hieß es weiter.

Das Regierungskabinett gedachte des 14-Jährigen, dessen Familie und der Schulgemeinschaft bereits am Dienstag mit einer Schweigeminute. „Es ist die schrecklichste Vorstellung, die man als Eltern haben kann: Das eigene Kind verlässt das Haus und kommt nicht wieder“, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU).

Schweigeminute am Mittwochmittag

Kleine-Frauns kündigte für diesen Mittwoch um 12.00 Uhr eine Schweigeminute in allen Schulen und im Lüner Rathaus an.

Seelsorger betreuten nach der Tat Angehörige, Schüler und Lehrer. „Dieser Vorfall an unserer Schule hat große Betroffenheit im Kollegium und in der ganzen Schule ausgelöst“, sagte Schulleiter Reinhold Bauhus. „Wir bekommen gute Unterstützung von dem Krisenteam und den Schulpsychologen.“

Unter der Überschrift „Wir trauern“ formulierte die Schulleitung auf einer in schwarzer Grundfarbe gehaltenen Homepage ihre Erschütterung. „Es handelte sich um eine schreckliche Einzeltat, die nicht absehbar war“, heißt es dort. Unmittelbar nach dem Vorfall sei es rasch gelungen, durch das schnelle und besonnene Handeln aller Ruhe zu bewahren und die Situation aufzufangen. 

Am Tag nach der Bluttat werde der Unterricht wieder um 8.15 Uhr beginnen, teilte die Schulleitung dden Eltern weiter mit. „Gerade jetzt ist es für Ihre Kinder sehr wichtig, dass ihnen die vertrauten Schulstrukturen Halt geben.“

Eine von zwei Gesamtschulen in Lünen

Die Kollwitz-Schule ist eine von zwei Gesamtschulen in Lünen, einer Stadt am Rand von Ruhrgebiet und Münsterland. Nach Angaben der Stadtverwaltung besuchen 968 Schüler die Einrichtung. Die Schule hat mehrere Schwerpunkte. Neben einer musisch-künstlerischen Ausrichtung spielen Sprachen, Sport und naturwissenschaftliche, technische und mathematische Schwerpunkte tragende Rollen.

Zuletzt hatte der Kampf gegen Kinder- und Jugendkriminalität auch die Landespolitik bestimmt. Der frühere NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte ihn als „eine der wichtigsten Aufgaben der NRW-Polizei“ bezeichnet. Immerhin war 2016 jeder fünfte Straftäter jünger als 21 Jahre, die Zahl war im zweiten Jahr in Folge angestiegen. (dpa)

Schüler werden auf dem Pausenhof der Käthe-Kollwitz-Schule in Lünen von Einsatzkräften begleitet.
Schüler werden auf dem Pausenhof der Käthe-Kollwitz-Schule in Lünen von Einsatzkräften begleitet.
dpa