Posse beendet Lösung im Streit um Radweg in der Kantstraße
In Charlottenburg soll eine Radspur die Feuerwehr behindern. Um das Problem zu lösen, greift ein Stadtrat zu ungewöhnlichen Mitteln - und hat am Ende damit Erfolg.
Berlin - Die Behördenposse um einen Radweg in der Kantstraße in Berlin-Charlottenburg und den Brandschutz für Anwohner ist beendet. Nach Angaben der Senatsverkehrsverwaltung werden Radweg und Parkstreifen getauscht. So wird gewährleistet, dass die Feuerwehr bei einem Brand nahe genug an die Gebäude herankommt und genügend Platz hat, um stabil eine Drehleiter auszufahren und Wohnungen auch der oberen Geschosse zu erreichen.
Eine Umsetzung ist noch in diesem Jahr geplant, wie es hieß. Eine alternativ ins Gespräch gebrachte Verbreiterung der Fahrbahn durch einen schmaleren Mittelstreifen wurde dagegen als unverhältnismäßig aufwendig und teuer verworfen.
Pop-up-Radweg seit vier Jahren
Bisher befindet sich der während der Corona-Pandemie 2020 eingerichtete Radweg zwischen dem Bürgersteig und einer Parkspur. Neben dem Streifen für geparkte Fahrzeuge verläuft dann eine Spur für den fließenden Verkehr. Seit Jahren ist bekannt, dass der seinerzeit ohne große Vorplanungen geschaffene sogenannte Pop-up-Radweg zu schmal für Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr ist. Und von der Fahrspur für den fließenden Verkehr kann eine Drehleiter nicht die oberen Etagen bestimmter Wohngebäude erreichen.
Stadtrat schlug Alarm
Vor einigen Tagen platzte dem zuständigen Charlottenburger Bezirksstadtrat Christoph Brzezinski (CDU) nach langen fruchtlosen Beratungen auf verschiedenen Ebenen der Kragen: Er stellte „sukzessive Nutzungsuntersagungen für die betroffenen Wohneinheiten“ wegen einer ernsthaften Gefahr für Leib und Leben der Bewohner in Aussicht. Mieter mussten also befürchten, ihre Wohnungen verlassen zu müssen.
Aufgeschreckt durch ausführliche Berichte in Medien und die öffentliche Debatte setzten sich Senatsverwaltung für Verkehr, Bezirksamt und engagierte Abgeordnete zusammen - und fanden eine Lösung, die die Hausbewohner beruhigen dürfte. Diese sieht neben dem Tausch der Spuren auch eine Prüfung vor, ob für Geschäfte oder Arztpraxen zeitlich ausgewiesene Lieferzonen integriert werden können.
Lob und Tadel
„Wir sind hier zu einem guten Ergebnis gekommen, das den Anforderungen der Feuerwehr und der fachlichen Beurteilung der Bauaufsicht meiner Verwaltung Rechnung trägt“, erklärte Brzezinski. „Mit der kurzfristigen Umsetzung dieser Lösung wird die Sicherheit aller Anwohner entlang der Kantstraße und somit auch die Nutzbarkeit aller Wohnungen dort wieder sichergestellt.“ Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) dankte allen Beteiligten für die „immense Bereitschaft“, zeitnah und konstruktiv eine gemeinsame Lösung zu finden.
Der Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC) kritisierte hingegen den Plan. Der Spurentausch gehe auf Kosten der Sicherheit von Radfahrern, erklärte der Verband. So könnten Autoraser über den Radweg fahren, Zweite-Reihe-Parker ihn blockieren oder wieder mehr sogenannte Dooring-Unfälle durch geöffnete Autotüren passieren. Der ADFC fordert, die Parkplätze zu streichen und einen geschützten Radstreifen anzulegen.
Die AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat eine andere Idee: „Sinnvoll wäre es, die Radspur angesichts des überschaubaren Radverkehrs in der Kantstraße ganz abzuschaffen“, erklärte ihr Sprecher für Verkehr, Rolf Wiedenhaupt.