Soziales Leibiger: Zu wenig Behindertenbeiräte in Thüringer Kommunen
In mehreren Thüringer Landkreisen gibt es noch immer keinen Beirat für Menschen mit Behinderung. Manche Kommunen seien darüber nicht wirklich unglücklich, sagt der zuständige Landesbeauftragte.

Erfurt - Fehlende kommunale Beiräte für Menschen mit Behinderungen sind aus Sicht des zuständigen Landesbeauftragten Joachim Leibiger für viele Betroffene ein Nachteil. Ohne diese Beiräte würden die Belange der Betroffenen beispielsweise bei Bauprojekten oft nicht ausreichend berücksichtigt, sagte Leibiger der Deutschen Presse-Agentur. „Ich bewerte die aktuellen Zahlen deshalb als nicht positiv“, sagte Leibiger. Er werde mit Thüringens Sozialministerin Katharina Schenk (SPD) darüber sprechen, welche Möglichkeiten es gebe, in noch mehr Kommunen Behinderten-Beiräte zu etablieren.
Aus einer aktuellen Antwort des Sozialministeriums auf eine Anfrage der Linken-Landtagsabgeordneten Katja Maurer geht hervor, dass Behindertenbeiträge in einem Dutzend Landkreise fehlen. In 5 von 17 Landkreisen gibt es solche Beiräte, außerdem in den fünf kreisfreien Städten.
Der Beauftragte führte das Beispiel einer Stadt an, die für Sehbehinderte ungeeignete Lampen auf öffentlichen Plätzen installieren wollte. Die Nichteignung habe sich erst durch Einbeziehung des Behindertenbeirats herausgestellt. In einem anderen Fall habe sich gezeigt, dass bei Planungen zum Umbau des Bahnhofszugangs nicht ausreichend auf Barrierefreiheit geachtet worden sei.
Rat: Betroffene sollten auch selbst aktiv werden
Leibiger sieht zwei Gründe für das Fehlen kommunaler Behindertenbeauftragter. Zum einen müssten sich die Vertreter von Menschen mit Handicap vor Ort auch wirklich einbringen wollen, sich entsprechend vernetzen und organisieren. Dieser Wille sei mancherorts wohl noch zu schwach ausgeprägt. „Wenn die Verbände vor Ort stark sind, kriegen die das auch hin“, sagte er.
Zum anderen habe er aber den Eindruck, dass manche Kommunen alles andere als unglücklich über die Nichtexistenz dieser Beiräte seien. Deshalb würden sie deren Bildung auch nicht vorantreiben. Wo immer bei Planungen weitere Akteure mitsprechen wollten, werde es für Verwaltungen komplizierter, sagte Leibiger. Diesen zusätzlichen Aufwand würden sich manche Kommunen sparen, indem sie nicht aktiv auf die Bildung von kommunalen Beiräten für Menschen mit Behinderungen hinarbeiteten.
Fast eine halbe Million Thüringer mit Einschränkungen
In Thüringen sind rund 200.000 Menschen offiziell als Schwerbehinderte anerkannt - das sind knapp zehn Prozent der Bevölkerung. Diese Menschen haben einen amtlich ausgestellten Ausweis, wenn sie einen Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent haben.
Leibiger hatte bereits früher darauf aufmerksam gemacht, dass bei den Bemühungen um Barrierefreiheit weit mehr Menschen in den Blick genommen werden müssten. Er hatte die Zahl von weiteren rund 220.000 Menschen mit einem geringeren Behinderungsgrad genannt.