Agrar Landwirte beklagen höheren Wettbewerbsdruck
Zum Wochenstart gehen Landwirte aus Protest gegen die Sparpläne der Bundesregierung landesweit auf die Straße. Landwirte befürchten, dass sie im Wettbewerb mit Importware kaum bestehen können.
Potsdam/Beelitz - Der Vorsitzende des Beelitzer Spargelvereins, Jürgen Jakobs, befürchtet bei einem Aus für Agrardiesel-Subventionen einen steigenden Wettbewerbsdruck aus dem Ausland. „Für uns Spargelbauern bedeutet es noch weitere Wettbewerbsverzerrungen gegenüber Importware“, sagte Jakobs am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. „Es wird auf jeden Fall teurer.“ Auch die Spediteure ächzten unter den Mautbelastungen. „Die Bundesregierung fabriziert Kostensteigerungen, die landen am Ende alle beim Verbraucher.“
Der Unmut sei groß, sagte Jakobs, der sich an einer Protestfahrt von Landwirten durch Potsdam am Montag beteiligt. „Die Regierung hat das Fass zum Überlaufen gebracht.“ Zugleich rechnet er nicht mit einer Radikalisierung des Protests. „Wir wollen es so friedlich wie möglich machen.“
In der kommenden Woche wollen Bauern in ganz Deutschland gegen die Agrarpolitik demonstrieren. Wegen zahlreicher Straßenblockaden ist in Brandenburg mit erheblichen Verkehrsstörungen zu rechnen. Zwar nahm die Bundesregierung einen Teil der geplanten Kürzungen zurück. Die Bauernverbände halten aber an ihren Aktionen fest.
Einbußen von 30 000 Euro befürchtet
Die Region Beelitz südwestlich von Potsdam ist das größte Spargelanbaugebiet in Brandenburg. Jakobs bewirtschaftet 250 Hektar mit Spargel. Die Beerenproduktion macht noch einmal 50 Hektar aus. Bei einem Dieselverbrauch von 150.000 Litern für Traktoren und Maschinen etwa zur Bewässerung entstünden Kosten von rund 240.000 Euro, sagte Jakobs. Ein Wegfall der Agrardiesel-Subvention mache ein Minus von 30.000 Euro aus.
Der Ökonom Klaus Müller vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg sagte dem RBB, jede Kostensteigerung führe dazu, dass sich die Position der deutschen Landwirte im internationalen Wettbewerb verschlechtere. „Die meisten Marktfruchtproduzenten in Brandenburg produzieren Weizen oder Roggen, der nicht nur national verbraucht, sondern auch international gehandelt wird.“ Die Preise würden in der Regel an den großen Börsen festgemacht. Je niedriger Produktionskosten seien, desto besser seien auch die Chancen im Wettbewerb.
Sorge vor Radikalisierung
Auch in Brandenburg herrscht Sorge, dass Protestaktionen eskalieren könnten. Ministerpräsident Dietmar Woidke rief zu friedlichen Protesten auf. Demonstranten hatten Vizekanzler Robert Habeck am Donnerstag an der Nordseeküste am Verlassen einer Fähre gehindert. Sie blockierten einen Anleger. Die Polizei setzte Pfefferspray ein. Der Bauernverband distanzierte sich von radikalen Aktionen.
Der Landesagrarminister Axel Vogel sagte laut Mitteilung vom Freitag: „Demonstrationen und Proteste sind in unsere demokratischen Grundordnung fest verankert, und auch emotional geführte Debatten sind dabei absolut legitim.“ Die jüngsten Ereignisse verurteile er aber auf Schärfste.
Der Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg, Michael Wimmer, sagte, er sehe die Proteste mit Sorge. „Es wird mir ein bisschen bange, wenn ich sehe, wie sich das gesellschaftspolitisch aufschaukelt.“ Der Unmut, der auf die Straßen getragen werde, dürfe nicht in einer „Gelbwesten“-Protestbewegung wie in Frankreich enden. Vor Jahren hatte es in dem Land bei Sozialprotesten Unruhen gegeben.