Abstimmung Landtag setzt Ausschuss zur Stasi-Überprüfung ein
War einer der Landtagsabgeordneten in Sachsen-Anhalt früher für die Stasi aktiv? Ein Ausschuss soll das aufarbeiten. Die Linke will darin nicht mitwirken.
Magdeburg - Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat einen Ausschuss zur Überprüfung der Landtagsabgeordneten auf eine Tätigkeit für die Stasi eingesetzt. Nachdem der Beschluss bereits vor einigen Monaten geplant und kurzfristig verschoben worden war, stimmte am Mittwoch eine große Mehrheit aus CDU, SPD, FDP, Grünen und AfD für die Einsetzung. Sieben Abgeordnete der Linken stimmten mit Nein, vier Linke enthielten sich. Vorsitzender des Gremiums soll der frühere Bildungsminister Marco Tullner (CDU) werden.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Markus Kurze, sagte in der Debatte, die Bevölkerung sei weiterhin an der Stasi-Aufarbeitung interessiert. Dies sehe man an Anträgen auf Akteneinsicht, so Kurze. „Das geschehene Unrecht, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nicht vergessen.“
AfD-Fraktionsvorsitzender Oliver Kirchner dankte der schwarz-rot-gelben Koalition für die Einsetzung des Ausschusses. Der Abgeordnete Sebastian Striegel (Grüne) sagte, eine erneute Überprüfung sei nach über drei Jahrzehnten nur bedingt sinnvoll. Man stimme der Einsetzung aber dennoch zu.
FDP-Fraktionsvorsitzender Andreas Silbersack betonte mit Blick auf die Überwachung durch die Stasi: „Es verbietet sich jegliche Relativierung.“ Silbersack schilderte sehr persönliche Erlebnisse aus seiner Familiengeschichte und kämpfte während seiner Rede mit den Tränen. Im Anschluss daran erhielt der FDP-Politiker respektvollen Applaus aus allen Fraktionen.
Die Linke will im Ausschuss nicht mitwirken und auch keinen Vertreter entsenden. Der Abgeordnete Hendrik Lange betonte, auf Listenparteitagen müssten sich alle Linken-Kandidaten zu dem Thema und ihrer Biografie äußern. „Wir haben uns dieser Debatte gestellt“, so Lange.
Es gab insgesamt 79 Stimmen für die Einsetzung des Ausschusses, sieben Abgeordnete stimmten mit Nein, vier enthielten sich. Auch in anderen Bundesländern wurden ähnliche Gremien eingerichtet. In Sachsen kam es nach Angaben des Parlaments dabei nicht zu einer Empfehlung an den Landtag, gegen ein Mitglied eine Abgeordnetenklage zu erheben.
In Thüringen hat nach dem Bericht der Überprüfungskommission der AfD-Abgeordnete Dieter Laudenbach über mehrere Jahre für die Staatssicherheit als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) gearbeitet. Die Kommission sehe das nach Einzelfallprüfung und der Sichtung einer Vielzahl von Unterlagen als erwiesen an, so Landtagspräsidentin Birgit Pommer als Vorsitzende des Gremiums. Laudenbach, der in den 1980er Jahren gastronomischer Direktor des Interhotels Gera war, weist den Vorwurf zurück, von Mai 1985 bis mindestens 1988 IM der DDR-Staatssicherheit gewesen zu sein.
Die Stasi - die Kurzform für das Ministerium für Staatssicherheit - war in der DDR zugleich Nachrichtendienst und Geheimpolizei im Dienste der SED. Sie überwachte breite Bevölkerungskreise und drangsalierte Systemkritiker.
Am 15. Januar 1990 besetzten Bürgerinnen und Bürger der DDR die Stasi-Zentrale, um damit die Vernichtung der Geheimdienstakten zu stoppen, die kurz nach dem Mauerfall begonnen hatte. Das Stasi-Unterlagen-Archiv sorgt heute für die Aufbewahrung, Nutzbarmachung und Bereitstellung der noch vorhandenen Unterlagen.