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Kommunalfinanzen Kurort-Prädikate: Sächsische Kommunen beklagen hohe Kosten

Sachsens Kurorte fühlen sich abgehängt im Vergleich zu anderen Bundesländern. Der Kurort-Status bedeutet Kosten, die die Kommunen im Freistaat allein stemmen müssen. Sie fürchten Wettbewerbsnachteile.

Von dpa 15.11.2024, 05:00
Sachsens Kurorte haben mit hohen Kosten zu kämpfen.
Sachsens Kurorte haben mit hohen Kosten zu kämpfen. Hendrik Schmidt/dpa

Thermalbad Wiesenbad - Wegen hoher Zusatzkosten hoffen Sachsens Kurorte auf mehr finanzielle Unterstützung. Die 14 betroffenen Kommunen müssten regelmäßig Geld in die Hand nehmen, um ihren Kurort-Status und die damit verbundenen Prädikate zu erhalten, sagt Helfried Böhme, Geschäftsführer vom Sächsischen Heilbäderverband. Deswegen fordert er einen sogenannten Mehrlastenausgleich. „Wir kämpfen seit Jahren dafür.“ Die jährliche Finanzspritze könnte Kommunen unterstützen, die durch das Prädikat „Kurort“ eine besondere Belastung haben und für diese einen Ausgleich schaffen.

Nach einer Untersuchung des Heilbäderverbandes schätzt Böhme die Mehrbelastung für alle Kurorte in Sachsen pro Jahr auf rund 10 Millionen Euro. „Sie liegen oft im ländlichen Raum, müssen viele Auflagen erfüllen. Gutachten zu Lärm, Luft und Wasser bezahlen. Die Kureinrichtungen und Parks pflegen.“ Nachbarbundesländer wie Thüringen oder Bayern böten seit Jahren Unterstützung in zweifacher Millionenhöhe. Eigentlich sei die Hilfe auch in Sachsen im jetzt auslaufenden Koalitionsvertrag verankert gewesen, erklärt Böhme. „Bisher sind wir an der Umsetzung und besonders der Finanzierung gescheitert.“

Kleiner Kurort, große Aufgaben

Auch in Thermalbad Wiesenbad im Erzgebirgskreis seien enorme Kosten und hoher personeller Aufwand notwendig, um den Kurbetrieb am Laufen zu halten, sagt Bürgermeister Thomas Mey (CDU). „Die Heilmittel werden wie ein Medizinprodukt behandelt, müssen entsprechend überwacht werden.“ Das betreffe etwa das Thermalwasser vor Ort. Gleichzeitig gelte es, touristische Angebote zu schaffen: Kurparkflächen und Wanderwegenetze erhalten, kulturelle Veranstaltungen organisieren.

Schon jetzt sei eine offensivere Vermarktung der Kurorte in angrenzenden Bundesländern zu spüren, so Mey. „Ohne die Finanzhilfen könnten sie uns bezüglich Attraktivität in den nächsten Jahren überholen.“ Fehlten die finanziellen Mittel, würde die Weiterentwicklung vor Ort gestoppt. „Das betrifft auch kleinere Dinge, wie das Schaffen von mehr Barrierefreiheit, Ausschilderungen oder von neuen digitalen Angeboten.“ 

Im nächsten Jahr steht die kostenintensive sogenannte Reprädikatisierung in Thermalbad Wiesenbad an, die alle zehn Jahre fällig ist. Und auch größere Bauprojekte schlagen zu Buche. Für die Sanierung des Kurhauses und der Therme – sie war die erste ihrer Art, die nach der Wiedervereinigung in Sachsen eröffnete - kommen Millioneninvestitionen auf den kleinen Ort zu. 180 Angestellte kümmern sich um die Rehapatienten.

Böhme: Unsere Kurorte könnten den Anschluss verlieren

„Einige Projekte mussten wir vorerst auf Eis legen. Irgendwann kann man nicht noch mehr stemmen“, betont Mey. Eigentlich hätte Wiesenbad als „Ort mit Heilquellenbetrieb“ gern ein höheres Prädikat mit dem Status „Bad“ angestrebt. „Die Gutachten zur Luftqualität würden uns mehrere Zehntausend Euro kosten.“ Die Kurklinik des Ortes sei mit durchschnittlich 230 belegten Betten in diesem Jahr fast dauerhaft voll ausgebucht. Ohne den Mehrlastenausgleich sieht Verbandschef Böhme in den nächsten Jahren die Gefahr, dass „womöglich einigen keine andere Möglichkeit bleibt, als auf die Kurort-Prädikate zu verzichten“. Mit großen Auswirkungen: „Die ganze Entwicklung der Region wären betroffen.“

Bundesweit habe es bereits solche Fälle gegeben. Noch sehe Böhme diese Gefahr für den Freistaat aber nicht. Der Kurort Oberwiesenthal im Erzgebirgskreis etwa habe das Prozedere wieder durchlaufen und stehe kurz vor der Neu-Prädikatisierung. „Aber die Entwicklung trifft in abgeschwächter Form auch auf staatlich anerkannte Erholungsorte zu, die Prüfungen und Auflagen für Gäste erfüllen müssen.“ Hier habe es in den letzten 20 Jahren eine Reduktion um die Hälfte gegeben. Böhme: „Da unsere Kurorte im Gegensatz zu anderen Bundesländern auch in der Corona-Zeit keine Finanzhilfen bekommen haben, fürchten wir wirklich, dass sie den Anschluss verlieren könnten.“