Kriminalität Kriminalität: Leben in Frankfurt/Main bleibt gefährlich
Hamburg/dpa. - Während die Polizei in Berlin, Hamburg, Frankfurt, Bremen, Dortmund und Essen weniger Straftaten registrierte als 2005, verzeichneten Düsseldorf, Köln, Stuttgart und München wieder mehr Delikte. Die Top-Quote bei der Zahl der aufgeklärten Delikte erzielte wie schon im Jahr 2005 Stuttgart (62,7 Prozent). Die Polizeiliche Kriminalstatistik für ganz Deutschland wird Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am 8. Mai vorstellen.
«Der Gesamttrend bei der Entwicklung der Kriminalität in Deutschland bleibt positiv, im langjährigen Vergleich nimmt die Zahl der Straftaten immer mehr ab», sagte Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. Bei den Großstädten, die wieder mehr Straftaten verzeichneten, handele es sich bis auf Düsseldorf um Schauplätze der Fußball-WM im vergangenen Jahr. «Ansonsten steht nach wie vor der Satz: Die Vergreisung der Republik fördert die innere Sicherheit.»
Weil es immer weniger junge Menschen gebe, gingen Delikte wie Einbruch, Bankraub, Autodiebstahl oder auch Rauschgiftvergehen kontinuierlich zurück. Dagegen sei häufig eine Zunahme von Gewalttaten, besonders bei Jugendlichen, und ein Anstieg der Internetkriminalität zu verzeichnen.
So stieg in Bremen die Zahl der Raubüberfälle auf öffentlichen Straßen um 22,7 Prozent im Vergleich zu 2005. In Köln haben sich die so genannten Straftaten gegen das Leben von 20 auf 57 Fälle fast verdreifacht. In Hamburg stiegen die Fälle gefährlicher und schwerer Körperverletzung um 4,2 Prozent (210 Fälle). Stuttgart registrierte 1,4 Prozent mehr Täter unter 21 Jahre. Berlin meldete einen Anstieg der Jugendgruppengewalt von 8,4 Prozent. Hessen beklagt, dass die Zahl von Kindern sowie Jugendlichen, die sich an Minderjährigen vergingen, zwischen 1993 und 2006 um das Fünf- beziehungsweise Dreifache gestiegen ist.
Das Phänomen zunehmender Jugendkriminalität wird am Kriminologischen Forschungsinstitut in Hannover in der laut Pfeiffer weltweit größten Jugendgewaltstudie untersucht. Dazu werden 50 000 zufällig ausgewählte Neuntklässler aus 61 Städten gefragt, ob sie schon einmal Opfer von Gewalt geworden sind oder als Täter in Kriminaldelikte verwickelt waren. Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorliegen.
Frankfurt bleibt mit 16 378 Straftaten pro 100 000 Einwohner zwar die Kriminalitätshochburg, doch die Bankenmetropole am Main hat den Abstand auf die «Verfolger» verkürzt. Ein Handicap für die Statistik der relativ kleinen Großstadt ist, dass auch Delikte, die auf dem größten deutschen Flughafen verübt werden, einfließen. Pfeiffer nennt das «importierte Kriminalität. Die Leute in Frankfurt sind nicht krimineller als anderswo.»
Den größten Sprung in der Rangliste der am stärksten belasteten Großstädte machte Düsseldorf - von Platz fünf auf Rang zwei. Auf 574 514 Einwohner kamen im vergangenen Jahr 87 216 Straftaten, acht Prozent mehr als 2005. Die Polizei begründet dies mit einem großen Anlagebetrugsverfahren aus den Jahren 1999 bis 2003. Allein daraus ergaben sich 6468 Fälle. Entgegen dem Trend ging in Düsseldorf der Anteil der Straftäter unter 21 Jahre um zwei Prozent zurück.
Der Papierform nach am sichersten leben die Menschen in München. In der bayerischen Landeshauptstadt stieg die Zahl der Delikte um 2,7 Prozent auf 111 622 an, doch mit 8861 Straftaten je 100 000 Einwohner ist München in puncto Sicherheit nach wie vor die Vorzeigemetropole, gefolgt von Stuttgart (9289) und Essen (9291).
In Berlin sank die registrierte Kriminalität im Jahr 2006 auf 496 797 Straftaten und damit auf den niedrigsten Stand seit 1990. Die Berliner Polizei ist inzwischen dazu übergegangen, anstelle der Kriminalitätshäufigkeitszahl (Straftaten pro 100 000 Einwohner) die Bevölkerungsgefährdungszahl (Zahl der Opfer pro 100 000 Einwohner) abzubilden. Bei Jugendgruppengewalttätern ermittelten die Berliner Behörden einen Anteil von 44,7 Prozent Ausländern oder Deutschen mit Migrationshintergrund (2005: 42,8 Prozent).
Forderungen nach einem erweiterten Melderecht für die Kriminalstatistik in Bezug auf die Staatszugehörigkeit oder das Herkunftsland Tatverdächtiger unterstützt Pfeiffer, weil sich damit kriminologische Phänomene besser untersuchen ließen. Er warnte zugleich aber vor den Gefahren. «Es ist sinnvoll, wenn man es behutsam macht und nicht zur Stigmatisierung von Gruppen missbraucht.» Der Anteil von ausländischen Tatverdächtigen sei von 27 Prozent im Jahr 1995 auf 19 Prozent im Jahr 2005 zurückgegangen.
In deutlichem Gegensatz dazu stehe die «gefühlte Kriminalität». Aus repräsentativen Befragungen wüssten Kriminologen, dass die Menschen den Anteil ausländischer Täter auf 37 Prozent schätzten. Am krassesten sei die Kluft zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit bei Sexualmorden. «Die Zahl ist seit Jahren rückläufig, die Leute glauben jedoch, dass sie um das Sechsfache gestiegen ist.» Ursache sei die verstärkte Präsenz solcher Verbrechen in den Medien. In den Printmedien habe die Berichterstattung in den vergangenen zehn Jahren um das Dreifache zugenommen, bei privaten Fernsehsendern um das Sechsfache.
Angesichts nahezu gleich bleibend hoher Aufklärungsquoten stellt Pfeiffer der Polizei ein sehr gutes Zeugnis aus. «Es ist die beste Polizei, die wir je hatten.» Auch immer modernere Sicherungssysteme und technische Hilfsmittel sorgten für einen hohen Grad der Abschreckung. Nachholbedarf gebe es bei der Verfolgung der Internetkriminalität. Bayern sei da Vorreiter.
