Kriminalität Kriminalität: Anklage beschuldigt Witwe des Auftrags für Überfall
Nürnberg/dpa. - Die Witwe des Nürnberger SchönheitschirurgenFranz Gsell (76) hat nach Erkenntnissen der Justiz den Raubüberfallauf ihren Mann aus Geldnot in Auftrag gegeben. «Gegen Tatjana Gsell(32) wurde zu keinem Zeitpunkt wegen Auftragsmordes oder Totschlagsermittelt», stellte Justizsprecher Bernhard Wankel am Donnerstagklar.
Ihr ebenfalls in Untersuchungshaft sitzender Jugendfreund, einStaatsanwalt aus Hof, «war weder Initiator noch Drahtzieher der Tat,sondern willfähriger Gehilfe der Beschuldigten», sagte Wankel. FranzGsell war am 26. März an den Folgen des Überfalls gestorben. DerAnwalt der Society-Lady bezeichnete die Darstellung der Justiz als«höchst spekulativ».
Nach dem bisherigen Ermittlungsstand der NürnbergerStaatsanwaltschaft war Tatjana Gsell finanziell am Ende, nachdem siesich seit Monaten mit ihrem neuen Lebenspartner, einemzahlungsunfähigen Düsseldorfer Unternehmer, in Spanien aufgehaltenhatte. Der auf sie zugelassene Sportwagen im Wert von rund 100 000Euro stand in Nürnberg in der Garage. Franz Gsell hatte Schlüssel undPapiere in seiner Villa in einem Safe verwahrt.
Nachdem sich ihr Mann nachdrücklich geweigert hatte, entschlosssie sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft, «Schlüssel und Fahrzeugihrem Ehemann unter Androhung und gegebenenfalls auch Anwendung vonGewalt abnehmen zu lassen». Dazu beauftragte die «Busen-Königin»bislang unbekannte Täter. Das Auto sollte später einerAutoschieberbande gegen 30 000 Euro übergeben werden. «Als Personihres Vertrauens» sollte der Hofer Staatsanwalt die Tat überwachenund dafür 5000 Euro aus dem Erlös des Autos erhalten.
Im Auftrag des in Griechenland inhaftierten Kopfes derAutoschieberbande drangen bislang unbekannte Täter am Abend des 5.Januar mit Hilfe einer Axt in Gsells Villa ein. Unter Androhung vonGewalt zwangen sie den 76-Jährigen, einen Wandtresor zu öffnen. Dasie weder Autoschlüssel noch Fahrzeugbrief fanden, misshandelten sieden alten Mann. Gsell erlitt laut Wankel Gesichtsprellungen,Rippenbrüche und eine Lungenquetschung, an deren Folgen er elf Wochenspäter starb. Die Täter flüchteten unverrichteter Dinge, als sich dievon Nachbarn alarmierte Polizei dem Anwesen näherte.
Der Schönheitschirurg selbst war den Ermittlungen zufolge nicht indie Tat verwickelt. Seiner Witwe, die am 24. April festgenommenwurde, wirft die Staatsanwaltschaft gemeinschaftliche Nötigung,Körperverletzung mit Todesfolge und versuchten Versicherungsbetrugvor. «Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass sie den Tod ihres Manneswollte oder billigend in Kauf nahm», erklärte der Justizsprecher.Tatjana Gsell bestreite aber jegliche Tatbeteiligung. Dem ebenfalls32 Jahre alten Hofer Staatsanwalt, der seit Mitte Juli inUntersuchungshaft sitzt, legen die Behörden jeweils Beihilfe zu dendrei Delikten zur Last.
Tatjana Gsells Anwalt Markus Hennig betonte unterdessen, dieDarstellung der Justiz verfolge eher das Ziel, «wie die Ermittlungenaus der Sicht der Staatsanwaltschaft gerne abgeschlossen werdensollten». Den Vorwurf, seine Mandantin sei in den Fall verstricktgewesen, gründe die Behörde auf reine Vermutungen. Die Verteidigungsei der Auffassung, dass Franz Gsell von der bevorstehenden Tatgewusst habe und mit dem ursprünglich als nur vorgetäuscht geplantenÜberfall einverstanden gewesen sei.
Im Gegensatz zum Chef der Belgrader Autoschieber, der demnächstnach Deutschland ausgeliefert werden soll, ist der Lebensgefährte vonTatjana Gsell, der ehemalige Düsseldorfer Unternehmer, nach wie vorauf freiem Fuß. Es bestehe zwar ein gewisser Verdacht, dass er an demÜberfall am 5. Januar beteiligt gewesen sei, erklärte Wankel. Füreinen Haftbefehl reiche dies jedoch nicht aus. Die beiden Männer, diedas Auto ins Ausland schaffen sollten, sind ebenfalls nichtinhaftiert.