Generalstaatsanwältin Koppers: Weisungsrecht von Justizministern abschaffen
Richtern darf niemand vorschreiben, wie sie entscheiden. Für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte gilt das nicht. Berlins Generalstaatsanwältin sieht darin ein großes Problem bei der Gewinnung von Personal.
Berlin - Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers hat die Abschaffung des Weisungsrechts durch Justizminister von Bund und Ländern gefordert. Der Europäische Gerichtshof mahne dies schon länger an, in vielen europäischen Ländern gebe es dieses Durchgriffsrecht auf konkrete Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften nicht. „Deutschland ist in diesem Punkt nicht vorbildlich aufgestellt“, sagte Koppers der Deutschen Presse-Agentur. Die Justizminister und -ministerinnen erklärten immer wieder, sie würden das Weisungsrecht tatsächlich nicht ausüben. „Das finde ich so nicht glaubhaft. Denn dann könnten sie es auch abschaffen.“
Koppers verwies dabei auch auf die politische Entwicklung und sagte mit Blick auf den hohen Zuspruch für die AfD bei Umfragen in einigen Bundesländern: „Wenn ein AfD-Politiker den Justizminister stellte, dann möchte ich mir nicht vorstellen, wie die Strafverfolgung aussähe - vor allem im Bereich des Rechtsextremismus.“
Die AfD nutze derzeit die Justiz, um vermeintliche Verletzungen eigener Rechte geltend zu machen und den Anschein zu erwecken, ihre politischen Gegner hielten sich nicht an Recht und Gesetz. So riefen sie relativ häufig das Bundesverfassungsgericht an. „Wenn sie die Macht hätten, würde es allerdings nicht mehr mit rechtsstaatlichen Mitteln zugehen“, ist Koppers überzeugt.
Die Abschaffung des Weisungsrechts stelle „eine Entpolitisierung der Strafverfolgungsbehörden“ dar, die aus ihrer Sicht wichtig für das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Staatsanwaltschaften sei, sagte die Generalstaatsanwältin. Zugleich ginge mit der Abschaffung eine Gleichstellung mit dem Richterberuf einher. Bei diesem gelte das Prinzip der Unabhängigkeit und niemand könne Richtern oder Richterinnen vorschreiben, wie sie entscheiden.
Die Unterscheidung sei vielen jungen Juristen und Juristinnen unverständlich - und damit auch ein Hemmnis bei der Gewinnung von Nachwuchs für die Staatsanwaltschaft. „Sie durchlaufen dieselbe Ausbildung, legen auf dasselbe Grundgesetz den Amtseid ab“, so Koppers. „Sie haben dieselben Pflichten - warum sollen sie nicht die gleichen Rechte haben?“
Der Deutsche Richterbund (DRB) hatte erst kürzlich erneut die Justizminister von Bund und Ländern aufgefordert, sich vom Weisungsrecht zu verabschieden. Das Durchgriffsrecht erschüttere das „Vertrauen in eine objektive Strafverfolgung“, erklärte der Interessensverband der Richter und Staatsanwälte.
Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: „Entsprechend den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) passen wir das externe ministerielle Einzelfallweisungsrecht gegenüber den Staatsanwaltschaften an.“ Die FDP, die mit Marco Buschmann den Bundesjustizminister stellt, hatte sich in der zurückliegenden Wahlperiode für eine solche Reform eingesetzt.
Sie schlug damals vor, das sogenannte externe Weisungsrecht des Justizministers in Einzelfällen abzuschaffen. Die Staatsanwaltschaft sollten weiter einer Dienstaufsicht unterliegen, die jedoch nicht das Weisungsrecht von Justizverwaltungen in Bezug auf Einzelfälle umfassen sollte. Aus dem Bundesjustizministerium hieß es im November, es werde das weitere Vorgehen geprüft.