Landtag Konzert vom Balkon verfolgt? Präsident entschuldigt sich
Seit Tagen steht Sachsen-Anhalts Landtagspräsident in der Kritik. Es kursiert ein Foto, wie er vom Balkon seines Dienstzimmers gemeinsam mit anderen einem Konzert zuhört. Jetzt sagt der Präsident, er habe sich „blöd angestellt“. Die Opposition fordert seinen Rücktritt.
Magdeburg - Auf dem Domplatz gibt Schlagersänger Roland Kaiser ein Konzert und der Landtagspräsident schaut vom Balkon seines Dienstzimmers gemeinsam mit Gästen kostenfrei zu: Seit Tagen wird über ein Foto diskutiert, das Landtagspräsident Gunnar Schellenberger während des Konzerts zeigt. Nun hat sich der 63-Jährige für eine Verquickung dienstlicher und nichtdienstlicher Belange entschuldigt. „Da habe ich mich blöd angestellt und möchte mich dafür in aller Form in der Öffentlichkeit entschuldigen“, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag in Magdeburg. Er nutzte eine Pressekonferenz seiner Fraktion zu den Ergebnissen einer Klausur, um ein knappes Statement abzugeben. Nachfragen waren nicht zugelassen.
Die „Mitteldeutsche Zeitung“ hatte zuerst zu Beginn der Woche ein privates Foto veröffentlicht, auf dem Schellenberger mit Gästen auf dem Balkon des Landtages zu sehen war. Von dort gab es die Möglichkeit, das Konzert von Roland Kaiser („Santa Maria“, „Ich glaub, es geht schon wieder los“) am 12. August auf dem Domplatz zu verfolgen. Viele andere Zaungäste, die sich ohne Konzertkarten eingefunden hatten, mussten hinter Absperrgittern mit Sichtschutz bleiben.
Von der Opposition hatte es heftige Kritik gegeben, auch aus der Koalition kam die Forderung nach Aufklärung. Die Linken- und die Grünen-Fraktion forderten am Donnerstag Schellenbergers Rücktritt. „Das Verhalten des Landtagspräsidenten ist dem Amt absolut unwürdig“, so die Linken-Fraktionschefin Eva von Angern. „Der Landtag ist der Ort politischer Debatten und keine exklusive VIP-Lounge für ein Konzert auf dem Domplatz.“
Cornelia Lüddemann, die die Grünen-Fraktion führt, bezeichnete Schellenbergers Umgang mit der Situation und seinen Fehlern als katastrophal. „Er agiert in selbst verursachten Krisensituation dem Amte unangemessen, unwürdig und inkompetent.“ Lüddemann weiter: „Wir fordern ihn deshalb auf, zurückzutreten, um weiteren Schaden vom Amt und vom Land Sachsen-Anhalt abzuwenden.
Schellenberger hatte zuvor in seinem Statement betont, er habe das „Dienstliche mit dem Nichtdienstlichen verknüpfen“ wollen. „Die Besprechung war aufgrund der Hitze im Büro und der Lautstärke des Konzerts nur im beschränkten Umfang möglich und das habe ich völlig falsch eingeschätzt.“ Der Landtagspräsident kündigte an, am 31. August in der Sitzung des Ältestenrates ausführlich alle Fragen beantworten zu wollen.
Für von Angern und Lüddemann sind noch diverse Fragen offen, etwa was der Gegenstand der dienstlichen Besprechung im Amtszimmer gewesen sei und wer die Besprechung veranlasst habe. Zudem wollen sie wissen, wer die Teilnehmer der Besprechung waren und ob an dem Termin Mitarbeiter der Landtagsverwaltung teilnahmen und ob ein dienstliches Protokoll existiert.
CDU-Fraktionschef Guido Heuer stellte sich am Donnerstag hinter Schellenberger. „Der Präsident hat gerade Asche auf sein Haupt gestreut. Ja, clever geht anders. Kann man sagen. Aber ich habe keinen Grund, an der Aussage unseres Landtagspräsidenten zu zweifeln und das werde ich auch nicht tun.“ Heuer sagte weiter: „Wir stehen als CDU-Fraktion zu unserem Präsidenten. Punkt.“
Medienvertreter schickten zu dem Vorgang bereits zahlreiche Anfragen an die Landtagsverwaltung. Bisher sind aber viele Fragen noch nicht beantwortet. Unter anderem der Deutschen Presse-Agentur teilte eine Landtagssprecherin mit, es habe sich um einen beruflichen Termin gehandelt. Unter anderem sei eine Mitarbeiterin eines Max-Planck-Instituts dabei gewesen. Der Termin an dem Samstag habe von 19.30 Uhr bis 21.30 Uhr im Amtszimmer des Präsidenten stattgefunden. Es habe auch Getränke gegeben. Schellenberger habe nichts getrunken, da er selbst Auto gefahren sei.
Schellenberger ist seit Juli 2021 Landtagspräsident. Er war bereits mehrfach in die Kritik geraten, unter anderem wegen einer Schirmherrschaft für ein privates Tennisturnier in seinem Wahlkreis Schönebeck und wegen seines umstrittenen Vorgehens bei der Anwerbung usbekischer Arbeitskräfte, bei dem es an Absprachen gefehlt haben soll.