Kongo Kongo: «Weiße Frau gefunden»

Leipzig/MZ. - Bei aller Freude ist erskeptisch. Noch hat Martin Carlitz keine offizielleBestätigung, noch sind es nur vage Anrufe.Aber jedes Klingeln seines Handys lässt dieHoffnung wachsen, jedes Gespräch die Gewissheitgrößer werden: Esther, eine der fünf Töchterdes Pfarrers aus dem sächsischen Thallwitz,scheint gerettet zu sein. Und auch, als amMittag die Nachrichtenticker in DeutschlandsRedaktionen sich mit Eilmeldungen überschlagen,da sagt Martin Carlitz mit aller gebotenenVorsicht: "Offiziell habe ich es ja noch nicht."
Experte knüpft Drähte
Zur selben Zeit an diesem Montag sitztder CDU-Bundestagsabgeordnete Hartwig Fischerin seinem Berliner Abgeordnetenbüro. Aucher verfolgt die Nachrichtenlage mit großemInteresse. Fischer, den Eingeweihte als fundiertenKongo-Kenner schätzen, hat seit vergangenerWoche fast Tag und Nacht am Telefon gesessen,um seine Kontakte in das afrikanische Landzu nutzen - "eng abgestimmt mit dem Krisenstabdes Auswärtigen Amtes und der deutschen Botschaft",so der 59-jährige Politiker.
Am Dienstag vergangener Woche hatte eine Schwesterder vermissten Esther Carlitz bei ihm vorgesprochenund um Hilfe gebeten. Die 23-jährige Biologiestudentinwar am Donnerstagabend zuvor von einem Ausflugauf der Suche nach Nestern der seltenen Bonobo-Affennicht ins Lui-Kotal-Camp zurückgekehrt. Vonihrem US-amerikanischen Kollegen hatte siesich mittags getrennt.
Hartwig Fischer handelte. Er telefoniertemit dem zuständigen Vizegouverneur Kibala,den er von dessen Aufenthalten in Deutschlandgut kennt. Der wiederum traf wenig spätermit Staatschef Kabila zusammen und machteden Vorgang zum Thema. "So wurde Hilfe aufhöchster Ebene zugesagt", erzählt der Politiker.Und auch die Behörden vor Ort handelten unkompliziert,ließen eine Schwester und deren Freundin binnenweniger Stunden ins Land. Beide wollten inKongos Hauptstadt Kinshasa die Verbindunghalten.
Nach fast zehn Tagen war es am späten Samstagabendein ungewöhnlicher Anruf, der Pfarrer MartinCarlitz erreichte. "Weiße Frau gefunden, well",sagte der unbekannte Anrufer. Aber war esein echtes Telefonat oder einer von diesenüblen Scherzen, von denen es vergangene Wocheviele gab? "Wir wissen es bis heute nicht",so Carlitz. Aber Stück für Stück sickertenkleine Informationen in die Heimat - überBotschaft, Auswärtiges Amt und das LeipzigerMax-Planck-Institut, für das die junge Forscherinim Kongo unterwegs war.
Es hieß zunächst, eine weiße Frau sei rund100 Kilometer vom Basislager entfernt in einemDorf gefunden worden, Läufer hätten die Nachrichtvon Dschungeldorf zu Dschungeldorf getragen.Dann wieder war von einer SMS zu hören, dieein Priester in Kinshasa empfangen haben soll.Und schließlich war von Missionaren die Rede,die einen Funkspruch an das zuständige UN-Projektvor Ort (Monuc) geschickt haben sollen. Voneinem "Wechselbad der Gefühle", spricht der56-jährige Vater, dessen Tochter in Halle-Kröllwitzzur Welt kam.
Erlösende Nachricht
Am Montag nun die für alle erlösende Nachricht:"Die Monuc hat die junge Frau zweifelsfreiidentifiziert", erklären übereinstimmend dasAuswärtige Amt und der Unionsabgeordnete Fischer.Vier Afrikaner würden die Frau auf dem Rückwegzum Camp begleiten, heißt es. Und das Max-Planck-Insitutals Träger der Mission habe Mitarbeiter entgegengeschickt.
Nur eine zentrale Frage kann bis dato nochniemand beantworten. Was ist im Dschungelmit der als äußerst zuverlässig geltendenjungen Frau geschehen? War es Übermut, dersie alleine gehen ließ? Eine Entführung vonRebellen? Oder gar ein Streit? Martin Carlitzwill auch darauf gerne Antworten haben. "Aberdie Hauptsache ist, dass sie lebt."