Ehefrau aus Eifersucht getötet? Köln: Nach fast 60 Jahren Ehe - 89-Jähriger soll Ehefrau aus Eifersucht ermordet haben

Rösrath/Köln - Eine Leben lang hat das Rösrather Lehrerehepaar Ernst und Heide H. (Namen geändert) nach außen hin die Fassade einer normalen bürgerlichen Familie aufrechterhalten.
Bis zum 4. Juni 2018. An dem Vormittag dieses Tages sei, davon geht jedenfalls die Kölner Staatsanwaltschaft in ihrer Mordanklage aus, der „zu Eifersucht und Jähzorn neigende“ 89-jährige Familienvater zu der Überzeugung gelangt, seine ein Jahr jüngere Ehefrau wolle sich von ihm trennen und ihren Lebensabend mit einem anderen Mann verbringen. Dann habe Ernst H. mit einem Hammer mehrfach auf den Kopf der Frau geschlagen und danach mit einem Messer sechs Mal auf den Oberkörper eingestochen. Heide H. verblutete.
Seit Freitagmittag muss sich Ernst H., der in wenigen Tagen 90 Jahre alt wird, wegen Mordes vor dem Kölner Schwurgericht verantworten. Der pensionierte Pädagoge, der nach der Tat selbst die Polizei gerufen hat, sitzt seit der Tat in Haft und befindet sich seit Mitte Oktober im Justizkrankenhaus. Mit Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand sollen die einzelnen Prozesstage nicht länger als zwei Stunden dauern.
Prozess gegen 89-Jährigen in Köln: Frage der Verhandlungsfähigkeit
Es ist 14 Uhr, als ein Justizsanitäter den alten Herrn im Rollstuhl in den Saal schiebt. Ernst H. trägt schwarzen Anzug, weißes Hemd,weiße Krawatte. Verteidiger Martin Wilke thematisiert sofort die Frage der Verhandlungsfähigkeit, weist darauf hin, dass sein Mandant die Anklage nicht hören könne und kein Hörgerät habe. Die Staatsanwältin trägt daraufhin die Anklage sitzend vor, um näher am Mikrofon zu sein. Zudem reicht Wilke dem Mandaten sein Laptop, damit er die Anklage mitlesen kann.
Zur Sache wolle sich H. zunächst nicht äußern und auch nicht zur Person, sagt Wilke. Er schlägt ein „Rechtsgespräch“ vor. Die Vorsitzende Richterin der 11. Strafkammer, Sabine Kretzschmar, lässt aber durchblicken, dass ihre Kammer hinsichtlich solcher Gespräche eher zurückhaltend sei, weil sie sich lieber am Ende eines Prozesses ein Urteil über einen Menschen bilde als am Anfang, und ruft die älteste Tochter von H., die als Nebenklägerin dem Prozess beiwohnt, in den Zeugenstand.
Tochter hatte schwieriger Verhältnis zu Eltern
Die 56-Jährige, ebenfalls Lehrerin, beschreibt ihren Vater als einen extrem eifersüchtigen Menschen mit einem ausgeprägten Mangel an Empathie. Sie lässt aber auch gegenüber der getöteten Mutter Distanz erkennen – was im Übrigen wohl auf Gegenseitigkeit beruhte, denn im Jahre 2017 hätten die Eltern sie verstoßen: Die Mutter habe ihr vorgeworfen, dass sie so viele Beziehungen zu Männern gehabt habe, der Vater sich beklagt, dass sie sich nicht mehr für die Eltern interessiere.
Nach den Worten der Tocher war die Kindheit sehr schwierig. Ernst H., der von Kollegen und Schülern geachtete Pädagoge, sei körperlich und psychisch gewalttätig gegenüber der Mutter geworden, und sie als älteste Tochter habe die Mutter und die beiden jüngeren Schwestern zu schützen versucht. Einmal, als sie 14 war, habe die Mutter um Hilfe gerufen, sie und ihre Schwestern seien dazwischen gegangen. „Dann musst du mich jetzt schlagen“ habe sie gesagt und sich tatsächlich einen Schlag vom Vater eingefangen.
Der Mann sei aus den absurdesten Anlässen eifersüchtig geworden, so einmal, als ein Nachbar ohne Französisch-Kenntnisse Pralinen, auf denen „Amour“ (Liebe) stand, geschenkt habe. Eine Scheidung sei zwar immer wieder mal Thema gewesen, aber dazu sei es nie gekommen.
Da der Angeklagte auch bei der Aussage der Tochter angegeben hat, nichts zu verstehen, ist diese gleich zu Beginn von der Fensterseite des Gerichtssaales in die rechte Hälfte des Raumes, gewechselt nur anderthalb Meter vom Vater getrennt. Sie sagt, sie habe ihren Vater einmal in der Haft besucht. Da habe er gesagt, er habe keine Alternative zu seiner Tat gehabt, weil die Frau die Scheidung nicht gewollt habe.
In der Aussage der Tochter geht es auch um sehr private Dinge. Als sie beschreibt, ihr Vater habe einmal eigenes Fehlverhalten eingeräumt, wirkt der anfangs apathisch und müde auftretende Angeklagte plötzlich hellwach, hält die Hände hinter die Ohren, um besser zu hören, schüttelt verärgert wirkend den Kopf, spricht zu seinem Verteidiger.
Der Prozess wird am 6. Dezember fortgesetzt. (red)
(Der Artikel erschien zuerst bei ksta.de)