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Kinderbetreuung Kinderbetreuung: Andrang in der Potsdamer «Luxus-Kita»

Von Imke Hendrich 15.08.2007, 16:59
In der neuen Potsdamer «Luxus-Kindertagesstätte» ist der Andranggroß. (Foto: dpa)
In der neuen Potsdamer «Luxus-Kindertagesstätte» ist der Andranggroß. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Potsdam/dpa. - «Wir betreuenderzeit rund 30 Kinder, täglich gehen etwa zehn Anfragen ein», sagtLeiterin Jessica Noi. Auf etwa 700 Quadratmetern in unmittelbarerNähe der Villen von Günther Jauch und Wolfgang Joop sollen einmalmaximal 50 Kinder im Alter bis zu 6 Jahren spielen, singen, bastelnund toben - und das theoretisch 24 Stunden am Tag.

«Unsere Kernöffnungszeiten sind von 07.00 bis 18.00 Uhr», sagtNoi. Aber im Dachgeschoss der «Villa Ritz» gibt es auchÜbernachtungsplätze. Den Kindern in der zweisprachigen (Deutsch undEnglisch) Kita werden unter anderem musikalische Früherziehung,Schwimmen, Ballett oder auch Chinesisch-Stunden geboten - teilweisegegen Aufpreis. Die oft viel beschäftigten Eltern können zudem einenBring- und Holdienst in Anspruch nehmen, für Physiotherapie isteigens ein Raum eingerichtet. «Wir sind die Alternative zum privatenKindermädchen», sagt Eberhard Schmidtke, Gesellschafter der VillaRitz GmbH und Co KG.

Der Jugendamtsleiter der Stadt Potsdam, Norbert Schweers, begrüßtdas Angebot: «Es entspricht unserer Philosophie, eine breite Vielfaltan Kindertagesstätten zu bieten.» Außerdem gehörten zu der Zielgruppedurchaus Kinder, die ansonsten vielleicht allein mit der Gouvernantein der Stadt unterwegs wären und kaum Kontakt zu anderen Kindernhätten. Durchaus «ambivalent» sieht allerdings der JugendforscherDietmar Sturzbecher diese «Nobel-Kita». «Man braucht ein solchesAngebot nicht, um ein leistungsfähiger Mensch zu werden.»

Eine solche Kindertagesstätte sei «keine soziale Gefahr, aber esbestehe durchaus eine Gefahr, dass Kinder überfordert werden», sagtder Leiter des Instituts für Familien-, Kindheits- undJugendforschung an der Universität Potsdam. Ein Grund dafür, dassStudien zufolge etwa 40 Prozent aller Kinder an Stresssymptomenleiden, sei der falsche Ehrgeiz der Eltern, ihren Söhnen und Töchterndurch umfassende Angebote «Karrierevorsprünge» verschaffen zu wollen.«Kinder sind nicht grenzenlos formbar», betont Sturzbecher.

Kita-Leiterin Noi sieht keine Gefahr der Überforderung, denn die«Angebote richten sich nach den Bedürfnissen der Kinder». Daspädagogische Konzept der Kita, in der eine Erzieherin im Schnittsieben Kinder betreut, ist die «anschauliche Pädagogik». So sollennoch «Themenparks» entstehen, für die Räume in eine Wüstenlandschaft,einen Dschungel oder ein Raumschiff verwandelt werden. Und auchSchmidtke betont: «Wir wollen hier keine Elite heranzüchten.»

Im Garten hinter der hochherrschaftlichen Villa, die für rund900 000 Euro mit privaten Geldern saniert wurde, tollen derweil dieKinder. Eine irische Erzieherin erzählt einem am Schnuller nuckelndenMädchen auf Englisch, wie es eine Sandburg bauen kann. Gleich danebenbricht ein Junge in Tränen aus, weil es mit den Förmchen nicht soklappt, und an einem Holzbalken versucht ein Steppke seine erstenSchritte. Ein ganz normales Kindergarten-Treiben - der «Luxus» ihrerVilla dürfte den Kleinen ziemlich egal sein.