Energie Kein russisches Öl: „Steile Lernkurve“ für Raffinerie PCK
Die Raffinerie PCK funktioniert auch ohne russisches Öl. Seit einem Jahr ist die Druschba-Pipeline in den Nordosten Brandenburgs wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine gekappt. Doch wichtige Zukunftsfragen bleiben ungelöst.
Schwedt - Die Ölraffinerie PCK ist zurück im Geschäft - so hatte Geschäftsführer Ralf Schairer im Sommer die Lage ausgedrückt. Anfang 2024 hat das Unternehmen im Nordosten Brandenburgs ein Jahr ohne russisches Öl hinter sich. Die große Unsicherheit hat sich gelegt, die Anlage arbeitet trotz Russland-Sanktionen mit alternativen Ölquellen stabil, Treibstoff-Engpässe an den Tankstellen blieben aus.
„Hinter der Raffinerie liegt eine steile Lernkurve“, sagte PCK-Chef Schairer der Deutschen Presse-Agentur. „2024 wollen wir uns noch robuster machen.“
Zentrale Fragen zur Zukunftssicherung der Raffinerie sind aber nach wie vor ungeklärt. Auch der Streit zwischen dem Bund und Rosneft als Mehrheitseigner unter Treuhandverwaltung dürfte 2024 weiter gehen - womöglich auch vor dem Bundesverfassungsgericht.
Wann kommt das Okay für Pipeline-Ausbau?
PCK-Chef Schairer hatte bis Weihnachten auf das Okay der EU-Kommission für 400 Millionen Euro an staatlicher Beihilfe gehofft. Aber die Zustimmung aus Brüssel stand kurz vor Jahresende noch aus. Eine Entscheidung erst 2024 habe Einfluss auf den Zeitplan, sagte PCK-Chef Schairer. Um technologische Anpassungen in den Raffinerie-Prozessen vornehmen zu können, sei eine rasche Genehmigung der EU-Kommission nötig. Allerdings räumt Schairer auch ein, dass der Fördermittelantrag Neuland sei.
Eine zentrale Versorgungsader gewissermaßen - die Ölpipeline von Rostock nach Schwedt - soll mit Hilfe der Fördergelder aufgerüstet und die Raffinerie für die Verarbeitung neuer Ölsorten technologisch angepasst werden. Die Leitung war nie für einen Dauerbetrieb vorgesehen, ist aber seit dem Ölembargo gegen Russland und dem Stopp für die Druschba-Pipeline nötig. Das Bundeswirtschaftsministerium teilte mit, es stehe in ständigem Kontakt mit der EU-Kommission, die die Beihilfe an das privatwirtschaftliche Unternehmen prüfen muss.
Könnte auch der Streit um den Bundeshaushalt für das Jahr 2024 dem Projekt gefährlich werden? Die Fördermittel stünden derzeit noch in der Haushaltssperre, bis der neue Haushalt beschlossen sei, teilte das Wirtschaftsministerium der dpa mit. Das Haus betonte zugleich, die Bundesregierung stehe zu ihrer Unterstützung für die Versorgung und Transformation der PCK.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte Ende November für einen Teil der Förderung zum Umbau der Raffinerie PCK Risiken gesehen. Auch Schwedts Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe (SPD) appellierte an die Bundesregierung: „Wir haben unsere Versprechen erfüllt. Erfüllt ihr auch Eure Versprechen.“
Treuhandverwaltung geht weiter - und was kommt dann?
Unklar ist nach wie vor, wie eine künftige Eigentümerstruktur für die Raffinerie ohne russischen Einfluss aussehen soll. Der Bund betrat juristisches Neuland, als er die Treuhandverwaltung über die deutschen Töchter des russischen Rosneft-Konzerns übernahm.
Die PCK ist damit unter Kontrolle des Bundes - vorerst bis März. Doch Rosneft klagt dagegen vor dem Bundesverwaltungsgericht. Zudem habe das Unternehmen im Dezember auch noch eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen die Treuhandverwaltung eingereicht, wie die Berliner Anwaltskanzlei Malmendier Legal mitteilte.
Immerhin eine Entscheidung über einen neuen Anteilseigner soll es aber bereits geben: Der Energieriese Shell will seine 37,5 Prozent an der Raffinerie an die britische Prax-Gruppe verkaufen. In trockenen Tüchern ist das Geschäft unter anderem wegen des Vorkaufsrechts der anderen Anteilseigner bislang aber noch nicht.
Neuausrichtung für Wasserstoff-Produktion geplant
2024 will die Raffinerie die angepeilte Neuausrichtung weg vom Öl vorantreiben. In einigen Jahren soll grüner Wasserstoff hergestellt werden, daraus will die PCK später synthetische Kraftstoffe produzieren, etwa für Flugzeuge. Bislang liegt eine Machbarkeitsstudie vor, im anbrechenden Jahr soll es um die Finanzierung geplanter Projekte gehen. „2024 wird schon ein spannendes Jahr. Wir wollen die finale Investmententscheidung treffen“, sagte Schairer. Ein Umstieg zu synthetischen Kraftstoffen sei frühestens zum Ende der Dekade denkbar.
Auch die Stadt Schwedt, die einst einen großen Bevölkerungsschwund verkraften musste, will 2024 mit Millionen Fördergeld den Wandel hin zur klimaneutralen Industrie voranbringen. Neue Ansiedlungen und mehr Fachkräfte sind das Ziel. Eine „Zukunftswerkstatt“ soll Politik, Wirtschaft und junge Leute zusammenbringen, wie Bürgermeisterin Hoppe ankündigte. Startups sollen sich in einem neuen Transformations- und Servicezentrum niederlassen, ein Innovationscampus soll entstehen. „Wir haben uns auf den Weg gemacht“, sagte Hoppe zum Strukturwandel in der Industrieregion.