Auf Wunsch getötet und zerstückelt "Kannibalen-Mord im Gimmlitztal": Auf Wunsch getötet und zerstückelt - Gericht verurteilt ehemaligen Kripo-Beamten

Dresden - Sie suchten sich, sie fanden sich und was folgte, war ein unfassbares Verbrechen, ein Alptraum, wie ausgedacht für einen Horrorfilm. Zwei Männer: Der eine will gerne geschlachtet und gegessen werden. Seit vielen Jahren hat er diesen Wunsch. Der andere träumt davon, einmal eine Leiche zu zerstückeln. Im Oktober 2013 finden sich die beiden im Internet auf einem „Kannibalen-Forum“. Der Mann mit Todessehnsucht ist Geschäftsmann aus Hannover, der andere ein Polizist beim Landeskriminalamt in Sachsen. Sie verabreden sich.
„Kannibalen-Mord im Gimmlitztal“
Am 4. November steigt der 59-jährige Wojciech S. in Hannover in einen Bus und fährt nach Reichenau im Erzgebirge, wo der 57-jährige Kriminalbeamte Detlev G. ihn bereits erwartet. Einen Monat später findet die Polizei Teile des Besuchers aus Hannover vergraben im Garten des Polizisten, der mit seinem Partner nebenbei eine Pension betreibt. Der Fall vom „Kannibalen-Mord im Gimmlitztal“, den die Ermittler danach zusammenpuzzeln, ist so unbegreiflich und erschütternd, dass sich etlichen Prozessbeteiligten später der Magen umdrehen wird.
Am Freitag hat das Landgericht Dresden nun zum zweiten Mal entschieden und den ehemaligen LKA-Beamten zu acht Jahren und sieben Monaten Gefängnis wegen Mordes und Störung der Totenruhe verurteilt. Im Frühjahr 2015 war der Polizist bereits einmal zu achteinhalb Jahren verurteilt worden, doch der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und ordnete eine neue Verhandlung an. Nun also das neue Urteil: ein Monat mehr.
Der Fall war nicht nur düster, es blieb auch vieles im Dunkeln. 23 Zeugen waren im ersten Verfahren gehört worden, fünf Sachverständige und Gutachter. Sie alle gaben Einblicke in eine zutiefst perverse und abstoßende Welt aus Sex, Gewalt, virtueller Abartigkeit und abstrusen Rollenspielen. Den Angeklagten hielten die Experten für einen Mann mit stark narzisstischen Zügen und einem unstillbaren Drang nach sexuellen Erfahrungen. Sein Opfer, so viel wurde aus Chatprotokollen und Zeugenaussagen deutlich, war ein Mann, der seit Jugendtagen tatsächlich davon träumte, sich töten und verspeisen zu lassen.
Wie genau der Gast aus Hannover im Pensionskeller ums Leben kam, ist bis heute nicht klar. Bei seiner Festnahme Ende November 2013 hatte der Kriminalbeamte gestanden, er habe seinem Opfer die Kehle durchgeschnitten. Aber später hat er sein Geständnis widerrufen. Es gibt Videomitschntte vom tödlichen Geschehen im Keller des Kripobeamten. Sie wurden auch vor Gericht gezeigt und sorgten für blasse und erschütterte Gesichter. Das gelöschte und dann von Ermittlern rekonstruierte Video zeigte eine Menge, aber nur nicht, wie genau der 59-Jährige starb.
Nach den Untersuchungen der Rechtsmedizin erstickte oder verblutete das Opfer an einem elektrischen Flaschenzug, der per Fernbedienung steuerbar war. Das Gericht geht von Mord und Erhängen aus. Der Angeklagte hatte behauptet, sein Besucher habe sich selbst per Knopfdruck erhängt und er nur dessen Wunsch erfüllt und ihn dann zerteilt. Hinweise, dass es tatsächlich auch zu Kannibalismus gekommen ist, fanden die Rechtsmediziner nicht.
Einen solchen Fall hat es noch nicht gegeben in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte. Der Bundesgerichtshof hatte das erste Urteil vom April 2015 aufgehoben, weil bei Mord nur die Höchststrafe möglich ist. Aber war es ein Mord, wenn das Opfer wünschte, ermordet zu werden? Hatte es sich nicht möglicherweise doch auch selbst umgebracht? Das Landgericht habe nicht ausreichend geprüft, bemängelte der BGH, ob sich das Opfer nicht doch selbst durch Strangulieren getötet hatte, wie es der Angeklagte in dem Prozess behauptete.
Zwischen Freispruch und Lebenslang
Seit Anfang November hatte sich daher eine andere Strafkammer des Dresdner Landgerichts mit dem Fall befassen müssen, war aber zu ähnlichen Schlüssen gekommen und hat nun ein Urteil gefällt, das nur vier Wochen über dem alten liegt. Die Verteidigung hatte Freispruch, die Staatsanwaltschaft und Nebenklage lebenslang gefordert.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, ein Revision beim Bundesgerichtshof ist möglich.