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JVA JVA: Das Gefängnis für besonders schwere Jungs wird 100 Jahre alt

Von Jörg Taron 30.06.2008, 05:54
In der Justizvollzugsanstalt in Werl steht der Mediziner Joe Bausch, im Nebenjob noch Schauspieler. Am 1. Juli 1908, schlossen sich hinter den ersten Häftlingen die Pforten. Heute hat Werl nach Köln die größte und eine der sichersten Justizvollzugsanstalten der Bundesrepublik. (Foto: dpa)
In der Justizvollzugsanstalt in Werl steht der Mediziner Joe Bausch, im Nebenjob noch Schauspieler. Am 1. Juli 1908, schlossen sich hinter den ersten Häftlingen die Pforten. Heute hat Werl nach Köln die größte und eine der sichersten Justizvollzugsanstalten der Bundesrepublik. (Foto: dpa) dpa

Werl/dpa. - Am 1.Juli 1908 schlossen sich hinter den ersten Häftlingen die Pforten.Heute hat Werl nach Köln die größte und eine der sicherstenJustizvollzugsanstalten der Bundesrepublik. Hinter den sechs Meterhohen Mauern leben im Sauerland etwa 80 «Lebenslängliche» und 56Sicherungsverwahrte, mehr als in jedem anderen deutschen Gefängnis.

Betten sind selten frei in der JVA Werl, die im Laufe ihrerGeschichte schon viele Namen hatte. Aus dem «Zentralgefängnis» wurdedas «Zuchthaus» Werl, dann die Sicherungsanstalt und dieStrafanstalt. Im Zweiten Weltkrieg waren bis zu 2000 Häftlinge inWerl eingesperrt und wurden zum Teil als billige Arbeitskräftemissbraucht. Die handwerklichen Werkstätten hatten ihre Produktionauf Rüstungsgüter umgestellt.

Nach dem Krieg diente die JVA als Kriegsverbrechergefängnis. Aufeinem nahe gelegenen Schießplatz wurden 35 zum Tode verurteilteInsassen hingerichtet. Sechs beim zweiten NürnbergerKriegsverbrecher-Tribunal verurteilte Generäle verbrachten einigeJahre in Werl, bis einige von ihnen beim Aufbau der neuen Bundeswehrmitwirkten. Ihre Zeit in Werl wurde ihnen mit einem als «Knappe»abgestellten Gefangenen erleichtert.

Heute ist die für 863 Häftlinge ausgelegte Justizvollzugsanstalteigentlich immer überbelegt, zurzeit sind etwa 880 Männer inhaftiert.Mit der Haftsituation beschäftigen sich derzeit auch die Gerichte.Das Oberlandesgericht in Hamm hat kürzlich mehreren Gefangenen ineiner Schmerzensgeldklage gegen das Land Prozesskostenhilfezugebilligt, weil möglicherweise durch nicht eingehaltene hygienischeMindeststandards und zu enge Belegung von Gemeinschaftszellen dieMenschenwürde verletzt wird. Nach Einschätzung des OLG könnte denHäftlingen zwischen 10 und 30 Euro Schmerzensgeld pro Tag zustehen.

Künftig sollen aber mehr als 60 zusätzliche Haftplätze fürEntlastung sorgen. Wann diese zur Verfügung stehen, ist nach Auskunftdes stellvertretenden Anstaltsleiters Thomas König noch unklar. Nochweiter in die Zukunft gedacht, soll ein neues Hafthaus entstehen. Dieknapp 900 «schweren Jungs» in Werl werden von 385 Beschäftigtenbetreut, angeleitet und vor allem bewacht.

Am 30. Juni 1992 sorgte ein spektakulärer Ausbruchsversuchbundesweit für Aufsehen. Zwei Gefangene hatten den Zahnarzt derAnstalt, drei Helferinnen und mehrere Vollzugsbeamte als Geiselngenommen. Zwei der Opfer erlitten schwere Verbrennungen, weil sie vonden Männern mit Waschbenzin überschüttet und angesteckt worden waren.13 Stunden dauerte die Geiselnahme, bevor ein Sondereinsatzkommandoder Polizei die Täter überwältigte.

Auch wenn so mancher Insasse mit den Taten, für die er in Werlseine Strafe verbüßt, bundesweit für Aufsehen sorgte - dasbekannteste Gesicht der JVA gehört dem Gefängnisarzt. Der MedizinerJoe Bausch ist im Nebenjob noch Schauspieler und mimt seit Jahren inden «Tatorten» aus Köln den Gerichtsmediziner Dr. Joseph Roth.