Landesjagdverband Jäger kritisieren Vorstoß für schnelleren Wolfs-Abschuss
Die Bundesumweltministerin will Wölfe nach Weidetier-Rissen schneller abschießen lassen und Vorgaben lockern. Die Kritik ist damit nicht verstummt. Jägern und Bauern geht ihr Vorschlag längst nicht weit genug.
Berlin/Michendorf - Der Landesjagdverband in Brandenburg hält den Vorstoß von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) für einen schnelleren Abschuss von Wölfen nach Weidetier-Rissen nicht für ausreichend. Auch Landwirte rufen nach weiteren Lockerungen und wollen die Zahl der Wölfe deutlich begrenzen. In Brandenburg gibt es bundesweit die meisten Wolfsrudel. Weidetier-Halter beklagen zunehmende Übergriffe auf ihre Herden.
Die Zahl bestätigter Wolfsrudel - also Wolfsfamilien - in Brandenburg stieg im Wolfjahr 2022/2023 (von Anfang Mai bis Ende April des Folgejahres) auf 52, wie das Umweltministerium in Potsdam mitteilte. Zudem seien 10 Paare bestätigt worden und mindestens 190 Welpen. Im Wolfjahr zuvor gab es laut Monitoring-Daten 47 Wolfsrudel in Brandenburg und 19 Paare. Absolute Zahlen geben die Behörden meist nicht an, da etwa die Rudelgrößen schwanken können. Deutschland ist bislang nach nationalem und europäischem Recht verpflichtet, den wildlebenden Wolf streng zu schützen.
Der Geschäftsführer des Landesjagdverbandes, Kai Hamann, sagte am Donnerstag, die Vorschläge gingen in die richtige Richtung, aber das „aktuelle Herumdoktern an augenscheinlich als praktikabel verkauften Lösungen“ werde die Probleme im ländlichen Raum nicht lösen. „Wölfe können in einer Nacht bis zu 50 Kilometer zurücklegen. Die Abschussgenehmigung innerhalb von 21 Tagen und im Umkreis von 1000 Metern kann demnach ein Freifahrtschein für schadenstiftende Wölfe sein.“
Bundesumweltministerin Steffi Lemke will schnellere Abschüsse von Wölfen möglich machen, um Schafe und andere Weidetiere zu schützen. Dies solle in bestimmten Regionen möglich werden, wenn ein Wolf ein Weidetier gerissen und Schutzvorkehrungen wie einen Zaun überwunden hat, wie die Grünen-Politikerin am Donnerstag in Berlin sagte. Dann solle per Ausnahmegenehmigung 21 Tage lang auf den Wolf geschossen werden dürfen, der sich in einem Umkreis von 1000 Meter um die Rissstelle aufhalt. Es müsse nicht mehr wie bisher eine DNA-Analyse abgewartet werden. Dieser Weg sei praktikabel und unkompliziert ohne nationale oder europäische Gesetzesänderungen umsetzbar, hieß es. Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) befürwortete die vorgeschlagene Regelung für leichtere Wolfsabschüsse.
Die Jäger fordern dagegen, dass der Wolf ähnlich wie in Schweden etwa auch in Brandenburg gejagt werden darf, damit die Zahl der Wölfe nicht weiter steigt. „Allein im Land Brandenburg hätten wir im letzten Wolfsjahr 80 Wölfe erlegen müssen, um den Bestand nicht noch weiter anwachsen zu lassen“, sagte Jagdverbands-Geschäftsführer Hamann. Die Organisation der Jäger geht für das Land Brandenburg von rund 1000 Wölfen aus.
Der Präsident des Landesbauernverbandes, Henrik Wendorff, bewertete den Vorstoß Lemkes als Verbesserung, hält aber weitergehende Schritte für wünschenswert. Es sei immer noch ein zu hoher Verwaltungsaufwand gegeben. „Wir wünschen uns, dass schnell gehandelt wird“, sagte Wendorff. Bisher dürften Revierjäger keine Wölfe schießen, das sollte sich ändern.
Die Freien Bauern reagierten mit scharfer Kritik und sagten: „Regionen mit erhöhtem Rissaufkommen, zuvor überwundene Herdenschutzmaßnahmen, 21 Tage im Umkreis von 1000 Metern – was soll daran unkompliziert sein?“ Wölfe sollten in der Nähe von Siedlungen und Viehweiden grundsätzlich geschossen und bejagt werden dürfen. Wie in Schweden sollte die Zahl der Wölfe begrenzt werden.
Über ihren Vorschlag will Lemke bei der Umweltministerkonferenz im November mit den Ländern sprechen. Ziel sei, dass die Regelungen zum Beginn der nächsten Weidetiersaison angewandt werden können. Lemke sagte, der Prozess für eine Abschussgenehmigung habe bisher zu lange gedauert. Ziel sei eine schnelle Regelung für die Tierhalter, da mit wachsenden Wolfspopulationen zunehmend Risse zu verzeichnen seien. Dies habe dazu geführt, dass die Frustration groß und die Akzeptanz des geschützten Wolfes in Gefahr sei.
Das brandenburgische Ministerium gab am Donnerstag noch bekannt, dass im Jagdjahr 2022/2023 53 Wölfe tot entdeckt wurden. Von ihnen starben 38 durch Verkehrsunfälle. Drei Wölfe seien nach der Wolfverordnung geschossen worden, etwa um Weidetier-Übergriffe zu verhindern. Vier Tiere seien außerdem illegal getötet worden.